Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 650 |
||||||||||
Zeile:
|
Text:
|
|
|
|||||||
| 01 | Daß aber ein Ding eben dasselbe seyn könne, ob es zwar innerlich | |||||||||
| 02 | auf ganz entgegengesetzte Art bestimmt ist, ist wieder das principium | |||||||||
| 03 | diuersitatis discernibilium. — Nach dem letzteren ist der Satz: Cajus, | |||||||||
| 04 | der Ungelhrt ist (war), ist (jetzt) gelehrt, ein Satz, der die Identitaet des | |||||||||
| 05 | Subjects ausdrükt bey (g einander ) entgegen gesetz ten praedicaten desselben | |||||||||
| 06 | in der Zeit, mithin ein Satz der Moglichkeit der Veränderung, wo also | |||||||||
| 07 | das Prädicat (gelehrt) nicht von dem Dinge noch dem Begriffe von ihm | |||||||||
| 08 | gilt, sondern nach dem Zustande, darin ich es Sätze, der (g an sich ) kein | |||||||||
| 09 | Begrif des Dinges ist. | |||||||||
6329. ω2 (Mai-August 1793). L Bl. C 15. S. I. R I 180f. |
||||||||||
| 11 | In dem Satz: Cajus, der gelehrt ist, ist ungelehrt, ist kein Wiederspruch, | |||||||||
| 12 | weil das „ist“ nur die copula ist im Verhältnis zweyer Vorstellungen | |||||||||
| 13 | und ich das „Ungelehrt“ nicht mit dem Cajus Gelehrten, sondern | |||||||||
| 14 | mit dem der Gelehrt ist Cajus verknüpfe. Aber wenn ich sagte: der gelehrte | |||||||||
| 15 | Cajus ist ungelehrt, so macht das em das Subject nur einen Begrif | |||||||||
| 16 | aus, und da wiederstreitet das Praedicat demsleben. Im ersten Fall bedeutet | |||||||||
| 17 | das „est“ ein Daseyn in der Zeit, so doch, daß die Zeit selbst unbestimmt | |||||||||
| 18 | bleibt, ob es die vorige oder gegenwertige sey. | |||||||||
| 19 | Wenn ich also sage: Cajus, der gelehrt ist, (g ist ) ungelehrt, so sind | |||||||||
| 20 | zwey entgegengesetzte Prädicate, in einem Dinge (g namlich Cajus, | |||||||||
| 21 | seiner Existenz nach als Veränderlich ), aber nicht in einem Begriffe verbunden; | |||||||||
| 22 | sage ich aber: der gelehrte Cajus ist ungelehrt, so verbin de ich | |||||||||
| 23 | beyde in einem Begriffe, und da wiedersprechen sie sich. — Dies hat nur | |||||||||
| 24 | den Nutzen zu zeigen*, wie wenig wir von der Möglichkeit der objecte, | |||||||||
| 25 | z. E. der Veranderungen, einsehen: a und non a in ein em Dinge. | |||||||||
| 26 | *(g Daß die Zeit schlechterdings nicht auf Verstandes begriff zu | |||||||||
| 27 | bringen sey; Weil (darin) conjuncitio praedicatorum oppositorum in | |||||||||
| 28 | eodem subjecto, im Begirf der Veränderung, vorkommen wür de, davon | |||||||||
| 29 | die Moglichkeit nur unter Voraussetzung der Zeit gedacht werden kan. ) | |||||||||
| [ Seite 649 ] [ Seite 651 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
||||||||||