Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 256 |
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| 01 | Journalen, namentlich auch in des Hrn. O. C. R. Zöllner Wöchentlichen | ||||||
| 02 | Unterhaltungen über die Erde und ihre Bewohner.) | ||||||
| 03 | §. 47. |
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| 04 | Höhlen befinden sich nur in Felsbergen, und es giebt ihrer sowohl | ||||||
| 05 | natürliche als künstliche. Zu den letztern kann man vorzüglich die sogenannten | ||||||
| 06 | Bergwerke zählen. Wenn in diesen Höhlen die Erdschichten | ||||||
| 07 | horizontal fortlaufen, so heißen sie Stollen, bei einer verticalen Richtung | ||||||
| 08 | aber Schachten. In den Stollen findet man die Bruch= und Marmorsteine, | ||||||
| 09 | das Steinsalz und die Steinkohlen in England. Sie sind oft so | ||||||
| 10 | groß, daß ganze Städte darin Raum haben würden. In England erstrecken | ||||||
| 11 | sich die Steinkohlenwerke bis unter das Meer hin, so daß die größten | ||||||
| 12 | Kriegsschiffe über sie fortgehen. Jene Kohlenwerke werden aber von | ||||||
| 13 | großen Pfeilern, die aus derselben Materie bestehen, unterstützt. Das | ||||||
| 14 | Steinsalz findet man vorzüglich bei Wieliczka im ehemaligen Polen. Endlich | ||||||
| 15 | ist zu merken, daß in der Länge, wenigstens bei den Stollen, kein Ende | ||||||
| 16 | zu finden ist, wenn man gleich eine Meile weit, wie in Wieliczka, fortgegangen | ||||||
| 17 | ist und die Grenzen von beiden Seiten bestimmt sind. Die Stollen | ||||||
| 18 | werden in die Haupt= und Stechstollen eingetheilt. In jenen kommen | ||||||
| 19 | alle Stollen zusammen, und sie gehören der Landeshoheit; die andern sind | ||||||
| 20 | ein Eigenthum von Privatpersonen. In den Schachten findet man die | ||||||
| 21 | Metalle. Das Ende derselben kann man jederzeit, weil sie kegelförmig | ||||||
| 22 | zugehen, finden. | ||||||
| 23 | Unter den natürlichen Höhlen ist die Martinshöhle in der Schweiz, | ||||||
| 24 | wo das Licht zur Sommerzeit gerade in dieselbe fällt, eine andere auf dem | ||||||
| 25 | Pilatusberge u. s. w. zu merken. Weil öfters eine Kälte bloß von einem | ||||||
| 26 | Winde, welcher Dünste bei sich führt, verursacht wird: so ist es auch kein | ||||||
| 27 | Wunder, daß es in diesen Höhlen sehr kalt ist, weil ein beständiger Wind | ||||||
| 28 | in ihnen weht. Außer diesen ist noch die berühmte Baumannshöhle wegen | ||||||
| 29 | der in Stein verwandelten Tropfen zu merken. Man will in ihr bald | ||||||
| 30 | einen Mönch am Taufsteine, an dem viele Pathen gestanden, bald etwas | ||||||
| 31 | Anderes beobachtet haben. Es findet sich in dieser Höhle eine Art von | ||||||
| 32 | Kalkspat. Weil nun die hineinfallenden Tropfen denselben gleich auflösen, | ||||||
| 33 | so werden diese, wenn das Wasser abgedunstet ist, versteinert und | ||||||
| 34 | pflegen sich mehrentheils gleich dem Eise röhrenförmig zu bilden. Dieselbe | ||||||
| 35 | Bewandtniß hat es mit dem Marmor. Wenn nämlich der mineralische | ||||||
| 36 | Spiritus bei seiner Erzeugung hinzutritt, so macht er, daß die Farbe des | ||||||
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