Kant: AA IX, Immanuel Kant's Logik Ein ... , Seite 092 |
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| 01 | §. 3. |
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| 02 | Empirischer und reiner Begriff. |
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| 03 | Der Begriff ist entweder ein empirischer oder ein reiner Begriff | ||||||
| 04 | ( vel empiricus vel intellectualis ). Ein reiner Begriff ist ein solcher, der | ||||||
| 05 | nicht von der Erfahrung abgezogen ist, sondern auch dem Inhalte nach | ||||||
| 06 | aus dem Verstande entspringt. | ||||||
| 07 | Die Idee ist ein Vernunftbegriff, deren Gegenstand gar nicht in der | ||||||
| 08 | Erfahrung kann angetroffen werden. | ||||||
| 09 | Anmerkung 1. Der empirische Begriff entspringt aus den Sinnen durch Vergleichung | ||||||
| 10 | der Gegenstände der Erfahrung und erhält durch den Verstand bloß | ||||||
| 11 | die Form der Allgemeinheit. Die Realität dieser Begriffe beruht auf der wirklichen | ||||||
| 12 | Erfahrung, woraus sie, ihrem Inhalte nach, geschöpft sind. Ob es aber | ||||||
| 13 | reine Verstandesbegriffe ( conceptus puri ) gebe, die, als solche, unabhängig | ||||||
| 14 | von aller Erfahrung lediglich aus dem Verstande entspringen, muß die | ||||||
| 15 | Metaphysik untersuchen. | ||||||
| 16 | 2. Die Vernunftbegriffe oder Ideen können gar nicht auf wirkliche Gegenstände | ||||||
| 17 | führen, weil diese alle in einer möglichen Erfahrung enthalten sein müssen. | ||||||
| 18 | Aber sie dienen doch dazu, durch Vernunft in Ansehung der Erfahrung und des | ||||||
| 19 | Gebrauchs der Regeln derselben in der größten Vollkommenheit, den Verstand | ||||||
| 20 | zu leiten oder auch zu zeigen, daß nicht alle mögliche Dinge Gegenstände der | ||||||
| 21 | Erfahrung seien, und daß die Principien der Möglichkeit der letztern nicht von | ||||||
| 22 | Dingen an sich selbst, auch nicht von Objecten der Erfahrung als Dingen an | ||||||
| 23 | sich selbst gelten. | ||||||
| 24 | Die Idee enthält das Urbild des Gebrauchs des Verstandes, z. B. die Idee | ||||||
| 25 | vom Weltganzen, welche nothwendig sein muß, nicht als constitutives | ||||||
| 26 | Princip zum empirischen Verstandesgebrauche, sondern nur als regulatives | ||||||
| 27 | Princip zum Behuf des durchgängigen Zusammenhanges unsers empirischen | ||||||
| 28 | Verstandesgebrauchs. Sie ist also als ein nothwendiger Grundbegriff anzusehen, | ||||||
| 29 | um die Verstandeshandlungen der Subordination entweder objectiv | ||||||
| 30 | zu vollenden oder als unbegrenzt anzusehen. - Auch läßt sich die Idee | ||||||
| 31 | nicht durch Zusammensetzung erhalten, denn das Ganze ist eher als der | ||||||
| 32 | Theil. Indessen giebt es doch Ideen, zu denen eine Annäherung stattfindet. | ||||||
| 33 | Dieses ist der Fall mit den mathematischen oder den Ideen der mathematischen | ||||||
| 34 | Erzeugung eines Ganzen, die sich wesentlich von den dynamischen | ||||||
| 35 | unterscheiden, welche allen concreten Begriffen gänzlich heterogen | ||||||
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