Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 389 |
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| 01 | Grunde liege: darüber kann unsere in Ansehung des Begriffs der Causalität, | ||||||
| 02 | wenn er a priori specificirt werden soll, sehr enge eingeschränkte | ||||||
| 03 | Vernunft schlechterdings keine Auskunft geben. - Aber daß respectiv auf | ||||||
| 04 | unser Erkenntnißvermögen der bloße Mechanism der Natur für die Erzeugung | ||||||
| 05 | organisirter Wesen auch keinen Erklärungsgrund abgeben könne, | ||||||
| 06 | ist eben so ungezweifelt gewiß. Für die reflectirende Urtheilskraft | ||||||
| 07 | ist also das ein ganz richtiger Grundsatz: daß für die so offenbare Verknüpfung | ||||||
| 08 | der Dinge nach Endursachen eine vom Mechanism unterschiedene | ||||||
| 09 | Causalität, nämlich einer nach Zwecken handelnden (verständigen) | ||||||
| 10 | Weltursache, gedacht werden müsse; so übereilt und unerweislich er auch | ||||||
| 11 | für die bestimmende sein würde. In dem ersteren Falle ist er bloße | ||||||
| 12 | Maxime der Urtheilskraft, wobei der Begriff jener Causalität eine bloße | ||||||
| 13 | Idee ist, der man keinesweges Realität zuzugestehen unternimmt, sondern | ||||||
| 14 | sie nur zum Leitfaden der Reflexion braucht, die dabei für alle mechanische | ||||||
| 15 | Erklärungsgründe immer offen bleibt und sich nicht aus der Sinnenwelt | ||||||
| 16 | verliert; im zweiten Falle würde der Grundsatz ein objectives Princip | ||||||
| 17 | sein, das die Vernunft vorschriebe und dem die Urtheilskraft sich bestimmend | ||||||
| 18 | unterwerfen müßte, wobei sie aber über die Sinnenwelt hinaus | ||||||
| 19 | sich ins Überschwengliche verliert und vielleicht irre geführt wird. | ||||||
| 20 | Aller Anschein einer Antinomie zwischen den Maximen der eigentlich | ||||||
| 21 | physischen (mechanischen) und der teleologischen (technischen) Erklärungsart | ||||||
| 22 | beruht also darauf: daß man einen Grundsatz der reflectirenden | ||||||
| 23 | Urtheilskraft mit dem der bestimmenden und die Autonomie der ersteren | ||||||
| 24 | (die bloß subjectiv für unsern Vernunftgebrauch in Ansehung der besonderen | ||||||
| 25 | Erfahrungsgesetze gilt) mit der Heteronomie der anderen, welche | ||||||
| 26 | sich nach dem von dem Verstande gegebenen (allgemeinen oder besondern) | ||||||
| 27 | Gesetzen richten muß, verwechselt. | ||||||
| 28 | § 72. |
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| 29 | Von den mancherlei Systemen über die Zweckmäßigkeit |
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| 30 | der Natur. |
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| 31 | Die Richtigkeit des Grundsatzes, daß über gewisse Dinge der Natur | ||||||
| 32 | (organisirte Wesen) und ihre Möglichkeit nach dem Begriffe von Endursachen | ||||||
| 33 | geurtheilt werden müsse, selbst auch nur wenn man, um ihre | ||||||
| 34 | Beschaffenheit durch Beobachtung kennen zu lernen, einen Leitfaden | ||||||
| 35 | verlangt, ohne sich bis zur Untersuchung über ihren ersten Ursprung zu | ||||||
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