Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 388 |
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| 01 | spüren und über sie zu reflectiren, welches von der Erklärung nach dem | ||||||
| 02 | Mechanism der Natur ganz verschieden ist, nämlich dem Princip der | ||||||
| 03 | Endursachen. Denn die Reflexion nach der ersten Maxime wird dadurch | ||||||
| 04 | nicht aufgehoben, vielmehr wird es geboten, sie, so weit man kann, zu | ||||||
| 05 | verfolgen; auch wird dadurch nicht gesagt, daß nach dem Mechanism der | ||||||
| 06 | Natur jene Formen nicht möglich wären. Nur wird behauptet, daß die | ||||||
| 07 | menschliche Vernunft in Befolgung derselben und auf diese Art | ||||||
| 08 | niemals von dem, was das specifische eines Naturzwecks ausmacht, den | ||||||
| 09 | mindesten Grund, wohl aber andere Erkenntnisse von Naturgesetzen wird | ||||||
| 10 | auffinden können; wobei es als unausgemacht dahin gestellt wird, ob | ||||||
| 11 | nicht in dem uns unbekannten inneren Grunde der Natur selbst die | ||||||
| 12 | physisch=mechanische und die Zweckverbindung an denselben Dingen in | ||||||
| 13 | einem Princip zusammen hängen mögen: nur daß unsere Vernunft sie in | ||||||
| 14 | einem solchen nicht zu vereinigen im Stande ist, und die Urtheilskraft | ||||||
| 15 | also als (aus einem subjectiven Grunde) reflectirende, nicht als (einem | ||||||
| 16 | objectiven Princip der Möglichkeit der Dinge an sich zufolge) bestimmende | ||||||
| 17 | Urtheilskraft genöthigt ist, für gewisse Formen in der Natur ein anderes | ||||||
| 18 | Princip, als das des Naturmechanisms zum Grunde ihrer Möglichkeit zu | ||||||
| 19 | denken. | ||||||
| 20 | § 71. |
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| 21 | Vorbereitung zur Auflösung obiger Antinomie. |
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| 22 | Wir können die Unmöglichkeit der Erzeugung der organisirten Naturproducte | ||||||
| 23 | durch den bloßen Mechanism der Natur keinesweges beweisen, | ||||||
| 24 | weil wir die unendliche Mannigfaltigkeit der besondern Naturgesetze, die | ||||||
| 25 | für uns zufällig sind, da sie nur empirisch erkannt werden, ihrem ersten | ||||||
| 26 | innern Grunde nach nicht einsehen und so das innere, durchgängig zureichende | ||||||
| 27 | Princip der Möglichkeit einer Natur (welches im Übersinnlichen | ||||||
| 28 | liegt) schlechterdings nicht erreichen können. Ob also das productive | ||||||
| 29 | Vermögen der Natur auch für dasjenige, was wir als nach der Idee von | ||||||
| 30 | Zwecken geformt oder verbunden beurtheilen, nicht eben so gut als für das, | ||||||
| 31 | wozu wir bloß ein Maschinenwesen der Natur zu bedürfen glauben, zulange; | ||||||
| 32 | und ob in der That für Dinge als eigentliche Naturzwecke (wie wir | ||||||
| 33 | sie nothwendig beurtheilen müssen) eine ganz andere Art von ursprünglicher | ||||||
| 34 | Causalität, die gar nicht in der materiellen Natur oder ihrem intelligibelen | ||||||
| 35 | Substrat enthalten sein kann, nämlich ein architektonischer Verstand, zum | ||||||
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