Kant: AA XI, Briefwechsel 1794 , Seite 503

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Ich hab' es vermutet daß mir die Königsberger Begebenheit      
  02 Schaden tun würde. Ich wolte - deuten sie das, würdiger Man,      
  03 was ich iezt sage, ia nicht falsch, denn ich erkenn' Ihre gütevolle Vorsorge      
  04 für mich noch mit eben der Gerührtheit und Dankbarkeit als      
  05 zuvor - daß sie nicht vorgekommen wäre, und hätt' ich die Kentnis      
  06 der Verhältnisse gehabt die ich nun habe, ich hätte den Antrag abgelehnt.      
  07 Die Aeusserungen von Examinirung und Probestehen auf ein      
  08 halbes Iahr, zusammengehalten mit den Nachrichten des Hrn. S-.      
  09 der von selbst abging, konten mir die Lust zur Verbindung schon in      
  10 Etwas benehmen, und schwerlich würd' ich's den Wahrscheinlichkeitsregeln      
  11 nach lang ausgehalten haben. Ich hab' im Grunde weniger      
  12 verlangt als mir geboten ward, wenn es anders mit der Pension      
  13 Ernst war. Die Reise nach Sachsen mußte ia nicht bewilligt werden      
  14 wenn man nicht wolte; und das Reisegeld wolt ich auch am Salar      
  15 kürzen lassen. Auch hab' ich sie nach reifer Überlegung ganz aufgegeben.      
  16      
           
  17 Nun bleibt mir freilich Nichts übrig als mit Ende dieses Monats      
  18 gänzlich nach Sachsen zurükzugehen. Es macht mich sehr unglüklich      
  19 das Bewustsein Ihres Zornes mitnehmen zu müssen. Wolten Sie mich      
  20 dessen bevor ich abreise noch entledigen, so würd' es mir eine grosse      
  21 Freude sein. Den gehabten Kostenaufwand bin ich schuldig zu ersezzen;      
  22 auch bin ich nicht der Mann der sich dessen weigern wird, ich bitte nur      
  23 den Betrag mit der nächsten Post gütigst zu bemerken. Ihre mir so      
  24 unendlich schätzbare Güt' und wolwollende Mühe kan ich nicht bezalen,      
  25 und ich muß so lange ich lebe ein erkentlicher und dankbarer Schuldner      
  26 bleiben.      
           
  27 Noch bitt' ich recht sehr um gütige Verzeihung der verursachten      
  28 Beschwernis und des Misvergnügens das Ihnen entstehen muste als      
  29 Ihre Mühe durch meine Schuld und Nichtschuld fruchtlos war. Wol      
  30 wünscht' ich auch daß der Hr. Prof. Schwenkner gelegentlich meiner      
  31 warmen Dankbarkeit für Seine gütige Mühwaltung Kundschaft erhielte.      
           
  32 Erlauben Sie mir noch, mich zu unterschreiben      
           
  33   Ew. Wolgeborn      
  34   hochachtungsvolsten und ergebensten      
  35 Münsterberg, Diener      
  36 24 Mai, 1794. Buschendorf.      
           
           
           
     

[ Seite 502 ] [ Seite 504 ] [ Inhaltsverzeichnis ]