Kant: AA XI, Briefwechsel 1794 , Seite 502

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 dazu gegeben habe. Die mißlungene Verbindung, auf die ich als      
  02 Etwas noch Ungewisses auch noch nicht bauete beunruhigt mich weit      
  03 weniger, und ich weis mich deshalb zu trösten.      
           
  04 Wenn man einmal dadurch daß man gar keine festen und sichern      
  05 Bedingungen machte in solche unangenehme Verlegenheit gekommen ist      
  06 wie ich, dann ist man wol für die Zukunft vorsichtig. Ich war es vielleicht      
  07 zu sehr da, wo es nicht nöthig war. Ich Rüksicht Mitau's überlie      
  08 ich ia dem Hrn. Prof. Schwenkner, der Kentnis des Personals haben      
  09 muste ganz was er verhandeln wolte. Ich legt' ihm blos meine      
  10 Wünsche vor, deren eine Teil durch die gemachte Bemerkung daß man      
  11 sich's nicht übel nimt den Hofmeister als einen Halbbedienten in den      
  12 schlechtesten Winkel des Hauses zu stekken, vielleicht gerechtfertigt werden      
  13 könte. Die Reise nach Danzig oder Pommern die auf's höchste 8 Tage      
  14 wegnahm konte ia dem Hrn. Kot. B. keine Bedenklichkeit machen;      
  15 und die Reise zu Wasser war ia weniger kostspielig und also zu seinem      
  16 Vorteil. Ich habe ia für diese Reise kein Geld verlangt.      
           
  17 Daß der Ton meines Briefes an den Hrn Pr. S. nach Ew.      
  18 Wolgebr. Bemerkung etwas bänglich war mochte sehr natürlich sein,      
  19 da ich vorher wegen der mislungenen Königsberger Geschichte einen      
  20 starken Zwist mit meinem bisherigen Prinzipal, der da glaubt, ich sei      
  21 vorher mit seinem Hause nicht zufrieden gewesen, und diesen Glauben      
  22 nachdem ihm die Empfindlichkeit anwandelt auf eine unangenehme Art      
  23 äusert, gehabt, und aus Alterazion mehrere Tage zu Bette gelegen      
  24 hatte. Meine Nerven sind sehr reizbar, und dafür kan ich nicht.      
  25 Malerei und Dichtung schikt' ich blos als Proben einer Nebensache,      
  26 die, wie ich gefunden habe, nur zu oft zur Hauptsache gemacht wird.      
  27 Als solider Gelehrter hab' ich hier nicht die geringste Achtung gefunden,      
  28 wol aber als Pinsler und Versmacher. Desto besser für mich, wenn      
  29 ich in Mitau in der ersten Qualität Geltung gefunden hätte.      
           
  30 Und, Herr Professor ist mir's zu verdenken wenn ich mich so viel      
  31 als möglich auf ieden Fal in Sicherheit zu sezzen suche? - Nicht zu      
  32 erwähnen daß mich zu grosses Zutrauen, wie ich schon bemerkt habe,      
  33 mehrmals in sehr mißliche Lagen brachte. Wenn man nun in weiter      
  34 Entfernung ein Haus trift wo ein Man von Ehr' und veredeltem      
  35 Gefül schlechterdings nicht bleiben kan: dan reiset man, ohne Geld      
  36 nach seinem weitabliegenden Vaterlande zurük, oder überläßt sich den      
  37 Wellen des Schiksals?      
           
           
     

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