Kant: Briefwechsel, Brief 132, Von Karl Abraham Freiherrn von Zedlitz.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Karl Abraham Freiherrn von Zedlitz.      
           
  28. März 1778.      
           
  Ich kann meinen Wunsch Sie nach Halle zu ziehn nicht aufgeben.      
  Es ist schlimm daß Ihre DenkungsArt mit Ihrem Amt so genau      
  übereinkömt - würklich, mein lieber HE. Kant so lobenswürdig die      
  an sich ist, so schlimm dünkt es mir daß Sie mit so vielem philosophischen      
  Kaltsinn eine so calculatorisch=richtige Verbeßerung ausschlagen.      
  u. doch wiederhole ich den Antrag, bitte Ihnen 800 rth. in Halle nochmals      
  an u. bitte Sie zu erwägen. daß ich jezt mit nicht unbegründeter      
  Hofnung eines guten Erfolgs daran arbeite Halle so empor zu bringen      
  als es jemals gewesen ist. ich habe jezt den HE. Karsten aus Butzow      
  dahin bekommen. Er u. der alte Eberhardt sind in Physic u. Mathem.      
  ein paar sehr gute Lehrer, (ihre übrigen Talente bedürfen meiner Erwehnung      
  nicht) in der Medicinischen Facultaet ist HE. Goldhagen (auch      
  in der Chymie HE. Niezky u. in der Anatomie etc. HE. Maeckel vortrefliche      
  vorzügliche Männer. HE. Thunman hat den einzigen Fehler der      
  Kränklichkeit, u. ich denke nächstens einen sehr großen Historiquer      
  dahin zu ziehn, bey dem man sich blos wundern soll, daß ich ihn      
  bekomme. Die Theologische Facultaet ist beßer besezt als irgendwo      
  in Europa. u. sollte mir einer der Alltagsmänner abgehn, so hole ich      
  mir den HE. Griesbach wieder.      
           
           
  Sehn Sie ein mal wie viel gute Leute, und dann das Centrum      
  vom gelehrten Deutschland, das beßere Clima als dort an der OstSee.      
  Ein Mann der so denkt wie Sie, darfs sich auch wohl vorsagen laßen,      
  daß es Pflicht für ihn ist, in einem weitern Zirkel gemeinnützige      
  Kentniße u. Licht auszubreiten, darf sich erinnern laßen daß er einen      
  solchen Ort wählen muß wo er seine Gaben mehrern mitteilen, wo er      
  mehr Nutzen stiften kann. ich wollte wünschen daß Leute von Ihren      
  Kentnißen u. Gaben in Ihrem Fach nicht so selten wären, ich wollte      
  Sie nicht so quälen. ich wollte aber daß Sie auch die Pflicht nicht      
  verkennten, so viel Nutzen zu stiften als Sie bey den Ihnen angebotenen      
  Gelegenheiten stiften können, u. daß Sie erwägen, daß die in      
  Halle studirende 1000 bis 1200 Studenten ein Recht haben von      
  Ihnen Unterweisung zu fordern, deren Unterlaßung ich nicht verantworten      
  möchte.      
           
  Ich weis nicht ob vielleicht NebenUmstände, von denen sich auch      
  der Philosoph nicht trennen kann, Ihnen den Titel eines Hofrats angenehm      
  machen würden, u. auf den Fall mache ich mich anheischig      
  bey des Königs Maj. darauf anzutragen.      
  Gewähren Sie mir meine dringende Bitte, Sie können dadurch      
  über allen Ausdruck verbinden      
           
    Ihren      
    ganz ergebenen Diener      
  Berlin d 28 Mart 78 Zedlitz      
           
           
           
     

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