Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zum Streit der ... , Seite 444 |
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| 01 | (Fortsetzung der Fußnote von Seite 443) des Christenthums mit der jüdischen Satzungslehre so fern diese für | ||||||
| 02 | göttliches Offenbahrungs=Gesetz von den Christen selbst anerkannt wird. | ||||||
| 03 | Der kluge Moses Mendelssohn wußte diesen wichtigen Fehler sehr wohl | ||||||
| 04 | gegen alle Versuche einer Judenbekehrung zu benutzen. Bis Gott sagte | ||||||
| 05 | er, eben so feyerlich und öffentlich als er vom Sinai unter Donner und | ||||||
| 06 | Blitz jenes Gesetz gab es auch aufheben wird (d. i. auf den Nimmertag) | ||||||
| 07 | hat kein Jude die Freyheit davon abzugehen. Eigentlich war dieses | ||||||
| 08 | wohl nur eine Retorsion und sollte so viel sagen als: legt ihr erst selbst | ||||||
| 09 | das Judenthum ab was ihr mit der Jesusreligion verwebt habt so werden | ||||||
| 10 | wir es auch unsererseits ablegen und somit euch gleiche Bürger in einem | ||||||
| 11 | weltlichen wie im geistlichen Staat seyn können. | ||||||
| 12 | Erste Seite |
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| 13 | Die oberste Eintheilung des Religionsglaubens überhaupt d. i. des | ||||||
| 14 | Glaubens an irgend eine übernatürliche Macht von deren Verehrung | ||||||
| 15 | unser Schiksal (Wohl oder Wehe) abhänge muß Rationale Eintheilung | ||||||
| 16 | d. i. nach Begriffen a priori (nicht empirisch) gemacht und kann nicht | ||||||
| 17 | empirisch seyn, weil der Begrif einer Religion ein practischer Vernunftbegrif | ||||||
| 18 | ist der also zugleich die Nothwendigkeit daß keine andere Glieder | ||||||
| 19 | der Eintheilung möglich sind bey sich führt | ||||||
| 20 | Nach diesem Grundsatze ist jener Glaube entweder Religion oder | ||||||
| 21 | Heydenthum. Religion ist er wenn für das wesentliche in diesem | ||||||
| 22 | Glauben die Moralität gehalten wird worauf alles Übrige desselben als | ||||||
| 23 | Endzweck gerichtet seyn müsse. Er ist aber Heydenthum wenn der | ||||||
| 24 | Glaube auch unabhängig von diesem Zweck für sich selbst als Religion | ||||||
| 25 | angesehen wird wenn entweder jener Glaube oder dieser Endzweck in | ||||||
| 26 | demselben garnicht angetroffen wird. | ||||||
| 27 | Der Religionsglaube ist nun entweder rein oder mit statutarischen | ||||||
| 28 | Glaubenslehren und Pflichten (die beyde nicht a priori von uns erkannt | ||||||
| 29 | werden können) vermengt. Der erste ist der allgemeine, der zweyte der | ||||||
| 30 | Kirchenglaube (ein allgemeiner Kirchenglaube weil er auf empirischen | ||||||
| 31 | Gründen beruhen und doch für jedermann als nothwendig gelten | ||||||
| 32 | müßte ist ein Wiederspruch; mithin kann nur der reine Religionsglaube | ||||||
| 33 | allgemein seyn). Der Kirchenglaube der seine statutarische Glaubenslehren | ||||||
| 34 | und Pflichten als göttliche Offenbarung für Religionsstücke ausgiebt | ||||||
| 35 | hat also eine gewisse Beymischung vom Heydenthum und geht ganz | ||||||
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