Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zum ... , Seite 322 |
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| 01 | Zweite Seite |
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| 02 | 1. Alle Menschen auf Erden sind in einer ursprünglichen Gemeinschaft | ||||||
| 03 | des Besitzes (communio originaria) des Erdbodens als eines Ganzen | ||||||
| 04 | welches seinem Umfange nach bestimmt und keiner Vergrößerung fähig ist. | ||||||
| 05 | Alle Menschen (singuli) haben ein angebohrnes und gleiches Recht | ||||||
| 06 | auf dem Boden zu seyn (ihn physisch zu besitzen) wohin jeden die Natur | ||||||
| 07 | oder der Zufall ohne seine Wahl hingesetzt hat. Ein jeder Mensch nimmt | ||||||
| 08 | also natürlicher weise wo oder wenn er auch auf Erden zur Wirklichkeit | ||||||
| 09 | kommt Platz auf der Erde und kann sich diesen Act als einen rechtlichen | ||||||
| 10 | nämlich der Besitznehmung (apprehension des Bodens) als disjunctiv=allgemein | ||||||
| 11 | denken entweder den einen oder den Andern auf der Erdoberfläche | ||||||
| 12 | (als Kugelfläche) zu besitzen. Nun ist dieses Verhältnis als | ||||||
| 13 | rechtliches Verhältnis nicht ein unmittelbares Verhältnis zum Boden (als | ||||||
| 14 | äußerer Sache) sondern zu andern Menschen sofern sie auf demselben | ||||||
| 15 | Boden zugleich sind (denn würde ihre Existenz nach einander gedacht | ||||||
| 16 | so müßte die erste Apprehension ein Rechtsverhältnis zu Sachen unmittelbar | ||||||
| 17 | seyn welches unmöglich ist) und ein Boden kan nicht primitiv eigenmächtig | ||||||
| 18 | erworben werden. | ||||||
| 19 | Er hat das Recht heißt: er handelt der Freyheit nach allgemeinen | ||||||
| 20 | Gesetzen nicht zuwieder. Er hat ein Recht in einer Sache heißt er | ||||||
| 21 | verbindet andere durch seinen bloßen Willen wozu sie sonst nicht verbunden | ||||||
| 22 | wären. | ||||||
| 23 | Alle Menschen aber sofern sie zugleich auf Erden sind müssen eben | ||||||
| 24 | darum auch in einem collectiv=allgemeinen Besitz der ganzen Erdfläche | ||||||
| 25 | seyn d. i. in einem Besitz der aus der vereinigten Willkühr aller entspringt; | ||||||
| 26 | denn sonst würde die Willkühr des einen im Besitz mit der Willkühr | ||||||
| 27 | des andern im Wiederstreit kommen und einer dem andern seinen Platz | ||||||
| 28 | benehmen folglich der disjunctiv allgemeine Besitz dem angebohrnen | ||||||
| 29 | Recht zuwieder durch diesen Mangel der Einheit aufgehoben werden. - | ||||||
| 30 | Also muß man sich eine allgemein vereinigte Willkühr als einen juridischen | ||||||
| 31 | Act denken durch den nothwendig jedem sein Platz als durch einen gesamten | ||||||
| 32 | Willen bestimt wird mithin einen Gesammtbesitz (communio | ||||||
| 33 | originaria) von dem jeder mögliche Besitz abgeleitet wird. | ||||||
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