Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zu Zum Ewigen ... , Seite 158 |
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| 01 | in beyderley Beziehung dieselbe Bedeutung hätte einen Wiederspruch | ||||||
| 02 | enthalten würde. Nun geht aber das Verboth des Erlaubnisgesetzes | ||||||
| 03 | nur auf die künftige Erwerbungsart eines Rechts (z. B. | ||||||
| 04 | durch Erbschaft) die Befreyung aber von diesem Verboth auf den gegenwärtigen | ||||||
| 05 | Besitzstand welcher letztere im Fortschritt aus dem Naturzustande | ||||||
| 06 | in den bürgerlichen als ein, obwohl unrechtmäßiger, dennoch | ||||||
| 07 | ehrlicher Besitz (poßeßio bonae fidei) nach einem Erlaubnisgesetze der | ||||||
| 08 | Vernunft noch ferner fortdauern kann obgleich eine ähnliche Erwerbungsart | ||||||
| 09 | im nachmaligen bürgerlichen nach diesem Überschritt verboten | ||||||
| 10 | ist welche Befugnis des fortdauernden Besitzes nicht stattfinden | ||||||
| 11 | würde wenn eine solche Erwerbung im bürgerlichen Zustande geschehen | ||||||
| 12 | wäre da vielmehr der unrechtmäßige Besitz als Läsion so fort nach seiner | ||||||
| 13 | Entdeckung aufhören müßte. - Ich mache hier diese Anmerkung nur | ||||||
| 14 | beyläufig um die Lehrer des Naturrechts auf den Begrif einer lex permissiva | ||||||
| 15 | welcher sich der systematisch eintheilenden Vernunft von selbst | ||||||
| 16 | zur Prüfung darstellt nochmals zu lenken vornehmlich da in den Civilgesetzen | ||||||
| 17 | (welche freylich nur statutarisch sind) oft davon Gebrauch gemacht | ||||||
| 18 | wird; z. B. wenn es im Gesetz heißt - dies oder jenes ist verboten und | ||||||
| 19 | dann darauf folgt: Es sey denn daß No. 1. diese es sey denn No. 2 jene | ||||||
| 20 | u. s. w. Umstände vorwalten, wo kein Ende der Ausnahmen abzusehen | ||||||
| 21 | und leicht warzunehmen ist daß diese nicht nach einem Princip - denn | ||||||
| 22 | sonst hätten die Bedingungen nicht zum Verbotgesetze gleichsam durch | ||||||
| 23 | Herumtappen hinzugefügt sondern in die Formel desselben mit hineingebracht | ||||||
| 24 | werden müssen. - Es ist daher zu bedauren daß die unaufgelöst | ||||||
| 25 | gebliebene Preisaufgabe des eben so weisen als scharfsinnigen | ||||||
| 26 | Hrn. Grafen von Windischgrätz welche gerade auf das letztere drang | ||||||
| 27 | so bald verlassen worden. Denn die Möglichkeit einer solchen Formel | ||||||
| 28 | (ähnlich der mathematischen) ist der einzige Probierstein einer bestimmten | ||||||
| 29 | conseqvent bleibenden Gesetzgebung und das was den frommen Wunsch | ||||||
| 30 | cin ius certum einmal zu Stande zu bringen allein befriedigen kann | ||||||
| 31 | Zweite Seite |
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| 32 | Im Allgemeinen kan das Erlaubnisgesetz so definirt werden: es | ||||||
| 33 | ist das Gesetz einer unrechtmäßigen Besitz dessen was einer Erwerbung | ||||||
| 34 | fähig ist | ||||||
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