Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 295 |
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| 01 | Das Schwarze Meer war zu den Zeiten des Constantins Copronymus | ||||||
| 02 | dick befroren. Deutschland am Rhein und Frankreich werden uns | ||||||
| 03 | von den Alten wie unser heutiges Sibirien beschrieben. | ||||||
| 04 | Dieses rührte vermuthlich von den vielen Wäldern her, welche damals | ||||||
| 05 | die meisten dieser Länder bedeckten, und in denen der Schnee sehr | ||||||
| 06 | spät schmilzt, so daß kalte Winde daher wehen. Jetzt sind die Wälder | ||||||
| 07 | größtentheils ausgehauen, hingegen im nördlichen Theile von Amerika | ||||||
| 08 | und Asien sind sie noch unermeßlich groß, welches eine von den mehrern | ||||||
| 09 | Ursachen der Kälte in diesem Lande sein kann: doch kann zuweilen die | ||||||
| 10 | Beschaffenheit des Bodens viel hierbei thun, vornehmlich wie in China | ||||||
| 11 | und Sibirien. | ||||||
| 12 | Im heißen Erdstriche, in dem Theile desselben, der in der nördlichen | ||||||
| 13 | Halbkugel liegt, ist der Winter in den eigentlichen Sommermonaten, | ||||||
| 14 | besteht aber bloß in der Regenzeit, denn die Sonne ist wirklich ihnen | ||||||
| 15 | dann am nächsten, wie es dann zu der Zeit eine sehr schwüle Luft, z. E. in | ||||||
| 16 | der Gegend um Cartagena in Amerika und in Guinea, giebt. Die übrige | ||||||
| 17 | Zeit heißt die gute oder trockene Zeit. | ||||||
| 18 | In Persien nämlich, im mittleren Theile, in Syrien und Kleinasien | ||||||
| 19 | ist die Winterkälte oftmals sehr heftig. In der Halbinsel diesseit des | ||||||
| 20 | Ganges kommt auf der Küste Malabar die Regenzeit einige Wochen eher | ||||||
| 21 | als auf der Küste Koromandel, weil das Gebirge Ghats, welches diese | ||||||
| 22 | Halbinsel in die Hälfte abtheilt, die Wolken, die vom Südwestwinde getrieben | ||||||
| 23 | werden, eine Zeit lang von der Ostseite der Halbinsel zurückhält, | ||||||
| 24 | daher man daselbst in zwei oder drei Tagereisen aus dem Winter in den | ||||||
| 25 | Sommer kommen kann. | ||||||
| 26 | In der südlichen Halbkugel und dem Theil der Zonae torridae ist | ||||||
| 27 | dieses alles umgekehrt. Die Ursache der Kälte in dem südlichen Ocean | ||||||
| 28 | selbst zu derjenigen Zeit, da daselbst Sommer ist, kommt ohne Zweifel | ||||||
| 29 | von den großen Eisschollen her, die von den Gegenden des Südpols in | ||||||
| 30 | diese Meere getrieben werden (s. oben S. 225 und 294). | ||||||
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