Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 288 |
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| 01 | Am Cap herrscht der Orkan, der aus einer Wolke, das Ochsenauge | ||||||
| 02 | genannt, zu brechen scheint. Man glaubt fälschlich, daß diese Wolke nicht | ||||||
| 03 | größer sei als ein Ochsenauge. Sie scheint größer als ein ganzer Ochse | ||||||
| 04 | zu sein und breitet sich vornehmlich über den Tafelberg aus. Sie entsteht, | ||||||
| 05 | wenn auf den Nord= ein Südwind folgt, aus Ursachen, die schon angeführt | ||||||
| 06 | worden; doch muß man auch die Gebirge, an die sich die Winde | ||||||
| 07 | stoßen, mit in Betrachtung ziehen. | ||||||
| 08 | Dieses gilt auch von andern plötzlichen Stürmen. Sie herrschen | ||||||
| 09 | mehrentheils in den Gegenden der Vorgebirge, Meerengen, und | ||||||
| 10 | wo viele Inseln sind, und zu der Zeit, wenn die Winde stärker abwechseln, | ||||||
| 11 | wie im Herbste und Frühjahr, mehr als in irgend einer andern | ||||||
| 12 | Jahreszeit. | ||||||
| 13 | Im Chinesischen und Japanischen Meere herrschen die Typhons, | ||||||
| 14 | welche von den aus dem Meere hervorbrechenden Dämpfen zu entstehen | ||||||
| 15 | pflegen; denn das Meer sprudelt und wallt an dem Orte, die Luft ist mit | ||||||
| 16 | Schwefeldünsten angefüllt, und der Himmel sieht kupferfarbig aus. Das | ||||||
| 17 | Chinesische Meer ist im Winter wärmer als eins von den angrenzenden, | ||||||
| 18 | und dieses scheint die angegebene Ursache zu bestärken. Der Typhon | ||||||
| 19 | bleibt an einer Stelle und treibt nicht fort. | ||||||
| 20 | Mit diesen haben die Wasserhosen eine große Ähnlichkeit. Die | ||||||
| 21 | sinesischen Meere und das Rothe Meer haben diese Luftphänomene öfters. | ||||||
| 22 | Man sieht, daß das Wasser an einem Orte gleichsam kocht, endlich sich | ||||||
| 23 | einen Fuß hoch erhebt. Es steigt ein Rauch mit einem düstern, zischenden | ||||||
| 24 | Getöse hervor, und dann scheinen sich die Wolken in den Gegenden herabzusenken | ||||||
| 25 | und mit den Röhren die Figur eines Trichters oder einer Trompete | ||||||
| 26 | anzunehmen. Es windet sich das Wasser in dieser Röhre in die Höhe | ||||||
| 27 | und fällt außerhalb derselben nieder. Schiffe, die davon ergriffen werden, | ||||||
| 28 | werden ihrer Segel beraubt, sie treiben mit dem Winde fort. | ||||||
| 29 | §. 66. |
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| 30 | Schnelligkeit der Winde. |
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| 31 | Ein gelinder Wind geht nicht schneller als ein Mensch im Gehen; ein | ||||||
| 32 | ziemlich starker wie ein Pferd im Laufen. Ein Sturmwind, der Bäume | ||||||
| 33 | ausreißt, legt 24 Fuß in einer Secunde zurück. Es giebt auch Stürme, | ||||||
| 34 | die bis 60 Fuß in einer Secunde durchlaufen. Diese werfen selbst Häuser | ||||||
| 35 | um, auf die sie treffen. | ||||||
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