Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 184 |
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Text (Kant):
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| 01 | Erster Theil. |
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| 02 | Erster Abschnitt. |
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| 03 | Vom Wasser. |
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| 04 | §. 13. |
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| 05 | Die Oberfläche der Erde wird in das Wasser und in das feste Land | ||||||
| 06 | abgetheilt. Hier werden wir zuvörderst nicht von den Flüssen, Strömen | ||||||
| 07 | und Quellen, sondern von dem Meerwasser als der Mutter aller Gewässer | ||||||
| 08 | reden, weil jene nur Producte der Erde sind und von dem Meere ihren | ||||||
| 09 | Ursprung haben. Indessen wollen wir doch noch einige Bemerkungen über | ||||||
| 10 | das Wasser im Allgemeinen vorausschicken. | ||||||
| 11 | §. 14. |
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| 12 | Die am allgemeinsten vorhandene tropfbare Flüssigkeit ist das | ||||||
| 13 | Wasser. Als solche wird es aus dem Luftkreise im Regen niedergeschlagen, | ||||||
| 14 | dringt in die Erde, quillt aus ihr in Flüssen, Teichen und Seen hervor, | ||||||
| 15 | bildet das Weltmeer und macht einen Bestandtheil fast aller übrigen | ||||||
| 16 | Körper aus. Kein Wunder ist es also, wenn schon Thales es für den | ||||||
| 17 | Urquell aller andern Stoffe hielt. Selbst späterhin glaubte man sich in | ||||||
| 18 | dieser Meinung dadurch bestätigt zu sehen, daß man bei Destillationen | ||||||
| 19 | und andern Versuchen Erde daraus abgesondert zu haben wähnte. Die | ||||||
| 20 | Ungültigkeit dieser Versuche ist durch Aufdeckung des dabei stattfindenden | ||||||
| 21 | Irrthums zur Gnüge dargethan. Dagegen haben andere Experimente | ||||||
| 22 | auf die sehr wahrscheinliche Vermuthung geführt, daß das Wasser aus | ||||||
| 23 | Wasserstoff und Sauerstoff bestehe, und zwar in einer Mischung, die bei | ||||||
| 24 | einhundert Theilen, 15 des erstern und 85 des letztern enthält. In wie fern | ||||||
| 25 | uns die neuesten, mit der Galvani=Voltaischen Batterie angestellten Versuche | ||||||
| 26 | hierüber mit Sicherheit eines andern belehren dürften, steht für jetzt | ||||||
| 27 | wenigstens noch dahin. Übrigens hat man mit Wahrscheinlichkeit annehmen | ||||||
| 28 | zu können geglaubt, daß das Wasser durch chemische Veränderung | ||||||
| 29 | selbst wohl in atmosphärische Luft übergehen möge. | ||||||
| 30 | Nach Maßgabe der Temperatur erscheint uns das Wasser in einer | ||||||
| 31 | dreifachen Gestalt, nämlich als Eis, als Wasser und als Dämpfe. So | ||||||
| 32 | sehr man daher Recht hat, wenn man es auf einer Seite für einen flüssigen | ||||||
| 33 | Körper erklärt: so kann man doch mit eben dem Rechte von ihm behaupten, | ||||||
| 34 | daß es ein fester Körper sei. | ||||||
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