Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 217 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
| 01 | allgemeine Mittheilbarkeit derselben sollte im Geschmacksurtheile der Vorstellung | ||||||
| 02 | des Gegenstandes zuerkannt werden, so würde ein solches Verfahren | ||||||
| 03 | mit sich selbst im Widerspruche stehen. Denn dergleichen Lust würde | ||||||
| 04 | keine andere, als die bloße Annehmlichkeit in der Sinnenempfindung sein | ||||||
| 05 | und daher ihrer Natur nach nur Privatgültigkeit haben können, weil sie | ||||||
| 06 | von der Vorstellung, wodurch der Gegenstand gegeben wird, unmittelbar | ||||||
| 07 | abhinge. | ||||||
| 08 | Also ist es die allgemeine Mittheilungsfähigkeit des Gemüthszustandes | ||||||
| 09 | in der gegebenen Vorstellung, welche als subjective Bedingung des | ||||||
| 10 | Geschmacksurtheils demselben zum Grunde liegen und die Lust an dem | ||||||
| 11 | Gegenstande zur Folge haben muß. Es kann aber nichts allgemein mitgetheilt | ||||||
| 12 | werden als Erkenntniß und Vorstellung, sofern sie zum Erkenntniß | ||||||
| 13 | gehört. Denn sofern ist die letztere nur allein objectiv und hat nur dadurch | ||||||
| 14 | einen allgemeinen Beziehungspunkt, womit die Vorstellungskraft Aller zusammenzustimmen | ||||||
| 15 | genöthigt wird. Soll nun der Bestimmungsgrund des | ||||||
| 16 | Urtheils über diese allgemeine Mittheilbarkeit der Vorstellung bloß subjectiv, | ||||||
| 17 | nämlich ohne einen Begriff vom Gegenstande, gedacht werden, so | ||||||
| 18 | kann er kein anderer als der Gemüthszustand sein, der im Verhältnisse | ||||||
| 19 | der Vorstellungskräfte zu einander angetroffen wird, sofern sie eine gegebene | ||||||
| 20 | Vorstellung auf Erkenntniß überhaupt beziehen. | ||||||
| 21 | Die Erkenntnißkräfte, die durch diese Vorstellung ins Spiel gesetzt | ||||||
| 22 | werden, sind hiebei in einem freien Spiele, weil kein bestimmter Begriff | ||||||
| 23 | sie auf eine besondere Erkenntnißregel einschränkt. Also muß der Gemüthszustand | ||||||
| 24 | in dieser Vorstellung der eines Gefühls des freien Spiels der Vorstellungskräfte | ||||||
| 25 | an einer gegebenen Vorstellung zu einem Erkenntnisse überhaupt | ||||||
| 26 | sein. Nun gehören zu einer Vorstellung, wodurch ein Gegenstand | ||||||
| 27 | gegeben wird, damit überhaupt daraus Erkenntniß werde, Einbildungskraft | ||||||
| 28 | für die Zusammensetzung des Mannigfaltigen der Anschauung und | ||||||
| 29 | Verstand für die Einheit des Begriffs, der die Vorstellungen vereinigt. | ||||||
| 30 | Dieser Zustand eines freien Spiels der Erkenntnißvermögen bei einer | ||||||
| 31 | Vorstellung, wodurch ein Gegenstand gegeben wird, muß sich allgemein | ||||||
| 32 | mittheilen lassen: weil Erkenntniß als Bestimmung des Objects, womit | ||||||
| 33 | gegebene Vorstellungen (in welchem Subjecte es auch sei) zusammen stimmen | ||||||
| 34 | sollen, die einzige Vorstellungsart ist, die für jedermann gilt. | ||||||
| 35 | Die subjective allgemeine Mittheilbarkeit der Vorstellungsart in | ||||||
| 36 | einem Geschmacksurtheile, da sie, ohne einen bestimmten Begriff vorauszusetzen, | ||||||
| 37 | statt finden soll, kann nichts anders als der Gemüthszustand in dem | ||||||
| [ Seite 216 ] [ Seite 218 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||