Kant: AA I, Allgemeine Naturgeschichte und ... , Seite 324  | 
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| 01 | aus den Planeten nur kalte und todte Klumpen machen, die solcher | ||||||
| 02 | Eigenschaft beraubt sind. | ||||||
| 03 | Dieser Zusatz so leichter Materien ist es auch, wodurch die Sonne | ||||||
| 04 | die specifisch mindere Dichtigkeit überkommen hat, dadurch sie auch | ||||||
| 05 | sogar unserer Erde, dem dritten Planeten in dem Abstande von ihr, | ||||||
| 06 | 4mal an Dichtigkeit nachsteht; obgleich es natürlich ist, zu glauben, | ||||||
| 07 | daß in diesem Mittelpunkte des Weltbaues, als in dessen niedrigstem | ||||||
| 08 | Orte, die schwersten und dichtesten Gattungen der Materie sich befinden | ||||||
| 09 | sollten, wodurch sie ohne den Zusatz einer so großen Menge des leichtesten | ||||||
| 10 | Stoffes die Dichtigkeit aller Planeten übertreffen würde. | ||||||
| 11 | Die Vermengung dichterer und schwerer Sorten der Elementen zu | ||||||
| 12 | diesen leichtesten und flüchtigsten dient gleichfalls, den Centralkörper | ||||||
| 13 | zu der heftigsten Gluth, die auf seiner Oberfläche brennen und unterhalten | ||||||
| 14 | werden soll, geschickt zu machen. Denn wir wissen, daß das | ||||||
| 15 | Feuer, in dessen nährendem Stoffe dichte Materien unter den flüchtigen | ||||||
| 16 | sich vermengt befinden, einen großen Vorzug der Heftigkeit vor denjenigen | ||||||
| 17 | Flammen hat, die nur von den leichten Gattungen unterhalten | ||||||
| 18 | werden. Diese Untermischung aber einiger schweren Sorten unter die | ||||||
| 19 | leichteren ist eine nothwendige Folge unsers Lehrbegriffes von der Bildung | ||||||
| 20 | der Weltkörper und hat noch diesen Nutzen, daß die Gewalt der | ||||||
| 21 | Gluth die brennbare Materie der Oberfläche nicht plötzlich zerstreue, | ||||||
| 22 | und daß selbige durch den Zufluß der Nahrung aus dem Innern allmählig | ||||||
| 23 | und beständig genährt wird. | ||||||
| 24 | Nachdem die Frage nun aufgelöset ist, woher der Centralkörper | ||||||
| 25 | eines großen Sternsystems eine flammende Kugel, d. i. eine Sonne, | ||||||
| 26 | sei: so scheint es nicht überflüssig zu sein, sich mit diesem Vorwurfe | ||||||
| 27 | noch einige Zeit zu beschäftigen und den Zustand eines solchen Himmelskörpers | ||||||
| 28 | mit einer sorgfältigen Prüfung zu erforschen, vornehmlich | ||||||
| 29 | da die Muthmaßungen allhier aus tüchtigeren Gründen sich herleiten | ||||||
| 30 | lassen, als sie es gemeiniglich bei den Untersuchungen der Beschaffenheit | ||||||
| 31 | entfernter Himmelskörper zu sein pflegen. | ||||||
| 32 | Zuvörderst setze ich fest, daß man nicht zweifeln könne, die Sonne | ||||||
| 33 | sei wirklich ein flammender Körper und nicht eine bis zum höchsten | ||||||
| 34 | Grade erhitzte Masse geschmolzener und glühender Materie, wie einige | ||||||
| 35 | aus gewissen Schwierigkeiten, welche sie bei der ersteren Meinung zu | ||||||
| 36 | finden vermeint, haben schließen wollen. Denn wenn man erwägt, daß | ||||||
| 37 | ein flammendes Feuer vor einer jeden andern Art der Hitze diesen wesentlichen | ||||||
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