Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 179 |
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| 01 | Allein dieses befindet sich bei der Trennung der | Dieses befindet | |||||
| 02 | weichen Masse ganz anders. Ein jedes Element der | sich bei der | |||||
| 03 | weichen Masse hat eine gleiche Kraft zusammenzuhängen, | weichen | |||||
| 04 | und hiedurch benimmt sie dem Körper, der sie trennt, | Materie ganz | |||||
| 05 | einen gleichen Grad Kraft, aber eben dadurch wird sie | anders. | |||||
| 06 | auch zugleich zertrennt und thut also fortan schon keinen Widerstand | ||||||
| 07 | mehr, die Zeit, die er sich bei ihr aufhält, mag hernach so groß sein, | ||||||
| 08 | wie sie wolle. Denn hier wird die Feder durch eben die Wirkung, die | ||||||
| 09 | ihrem Widerstand gleich ist, zugleich zerbrochen und kann daher nicht | ||||||
| 10 | noch fortfahren zu wirken, so wie die Feder der Schwere, die an sich | ||||||
| 11 | unzerstörlich war. Daher ist der Widerstand, den die weiche Masse | ||||||
| 12 | dem eindringenden Körper thut, wie die Summe der Federn, die er | ||||||
| 13 | zerbricht, d. i. wie die Höhle, die er einschlägt, ohne daß hiebei die | ||||||
| 14 | Zeit im geringsten etwas zu thun hat. | ||||||
| 15 | § 160. |
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| 16 | Die Leibnizianer haben Ursache über diese wichtige Vergehung | ||||||
| 17 | der Cartesianer mit nicht geringer Befriedigung zu triumphiren. Dieser | ||||||
| 18 | Zufall rächt den Schimpf, den ihnen die Verweisung so mancherlei | ||||||
| 19 | Fehltritte zugezogen hat, durch ein gleiches Schicksal an ihren Gegnern. | ||||||
| 20 | Die Leibnizianer haben die lebendige Kräfte in solchen Fällen zu | ||||||
| 21 | finden vermeint, darin sie nicht waren, aber was hindert dieses? Haben | ||||||
| 22 | die Cartesianer sie doch nicht in den Fällen sehen können, darin sie | ||||||
| 23 | wirklich waren, und darin sie niemand ohne große Verblendung hätte | ||||||
| 24 | übersehen können. | ||||||
| 25 | § 161. |
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| 26 | Der angeführte Versuch also erweiset das Dasein solcher Kräfte | ||||||
| 27 | in der Natur, die das Quadrat der Geschwindigkeit zum Maße haben; | ||||||
| 28 | allein unsere vorhergehende Betrachtungen erklären, bei welchen Bedingungen | ||||||
| 29 | dieselbe nicht statt haben, und auch welche Bedingungen die | ||||||
| 30 | einzigen sind, unter denen sie Platz finden können. Wenn man sich | ||||||
| 31 | dieses alles nach unserer Anweisung zu Nutze macht, so überkommt man | ||||||
| 32 | nicht allein eine hinlängliche Gewißheit von den lebendigen Kräften, | ||||||
| 33 | sondern auch einen Begriff von ihrer Natur, der nicht allein richtiger, | ||||||
| 34 | sondern auch vollständiger ist, als er sonst jemals gewesen ist, oder | ||||||
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