Kant: Briefwechsel, Brief 458, Von Iohann Gottfried Carl Christian Kiesewetter.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Iohann Gottfried Carl Christian Kiesewetter.      
           
  9. Nov. 1790.      
           
  Verehrungswürdiger HErr Professor,      
  HErr la Garde hat mir gesagt, daß er heute an Sie schreiben      
  will und hat mir versprochen, ein Blättchen von mir einzulegen, und      
  ich ergreife daher diese Gelegenheit, Sie von meiner glücklichen Rückkunft      
  nach Berlin zu benachrichtigen, und Ihnen nochmals meinen      
  wärmsten Dank für die großen Beweise Ihrer Freundschaft, die Sie      
  mir während meines letzten Aufenthalts in Königsberg gegeben haben,      
  abzustatten. Ich werde es gewiß nie vergeßen, wieviel [ich Ihnen,]      
  vorzüglich in Rücksicht meiner Kenntniße danke, es nie vergessen, da      
  Sie doch allein die erste Ursach [meines] jetzigen Glücks sind. - Ich      
  habe meinen Unterricht bei Hofe schon wieder angefangen, und ich      
           
  werde noch [diese W]oche dem Grafen Brühl vorgestellt werden. Für      
  diesen Winter habe ich Anthropologie, Logik und Critik der reinen      
  Vernunft angekündigt; die erstere scheint ziemlich besetzt werden zu      
  wollen. Vielleicht lese ich auch den Hofdamen ein Collegium.      
  HErr la Garde freut sich recht sehr, daß Sie mit dem Drucke Ihres      
  Buchs zufrieden sind und wünscht, daß Sie Ihren Verlag zwischen      
  ihm und HErr Nicolovius theilen möchten. HErr Capellmeister      
  Reichard ist krank, so daß ich ihn noch nicht habe sprechen können;      
  HE. Geheimerfinanzrath Wlömer habe ich noch nicht zu Hause finden      
  können.      
           
  Der König hat den Minister Schulenburg zum Generallieutenant      
  der Cavallerie erklärt, um ihm im KriegsCollegio Sitz und Stimme      
  zu gebeten, wo nach den Gesetzen nur gediente Militairpersonen Sitz und      
  Stimme haben können. Schulenburg hat im siebenjährigen Kriege      
  wirklich Militärdienste gethan. Die Pferde der in Berlin stehenden      
  Regimenter sind zwar verkauft, aber vergangenen Dienstag ist den      
  Gensd'armesoffizier bei der Parole befohlen, wer nur irgend könne,      
  solle seine Pferde behalten, und sich überhaupt fertig halten zu Anfang      
  des März zu marschieren.      
           
  Der Doktor Iachmann ist noch nicht hier eingetroffen. Der      
  Doctor Goldschmid läßt sich Ihrer Freundschaft empfehlen. Ich habe      
  mir die Freiheit genommen, Ihnen durch die Frachtfuhrleute Teltowsche      
  Rüben zu schicken. Fracht und alles ist berichtigt. Sie sind      
  jetzt in Hexel gepackt, meine Mutter aber hat mir gesagt, daß Sie sie      
  nun in trocknen Sand würden packen laßen müßen; und Ihrer Köchin      
  läßt sie sagen, daß sie die Rüben mit lauwarmen Wasser einwaschen      
  und nicht viel über eine Viertelstunde kochen laßen muß, weil sie sehr      
  bald gahr werden.      
           
  Die Baronesse von Bielefeld empfiehlt sich Ihnen bestens. HErr      
  Ieoffrey hat sich sehr über die Abänderungen gefreut, die Sie ihm      
  schicken wollen und danckt Ihnen schon im voraus. Ich bin mit dem      
  wärmsten Gefühle der Freundschaft      
           
    Ihr      
  Berlin den 9t November 1790. aufrichtigster Verehrer      
    I. G. C. Kiesewetter.      
           
           
           
           
     

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