Kant: Briefwechsel, Brief 443, Von Iohann Friedrich Reichardt. |
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| Von Iohann Friedrich Reichardt. | |||||||
| 28. Aug. 1790. | |||||||
| Theuerster Herr Professor. | |||||||
| Die grosse Verbindlichkeit, die ich Ihnen von Kindheit an habe, | |||||||
| wächst mit jeder neuen Schrift von Ihnen über allen Ausdruck. Ihr | |||||||
| weiser gütiger Rath allein, half mir auf den Weg zur litterarischen | |||||||
| Bildung, die mir bald meine Kunst aus einem höheren Gesichtspunckt | |||||||
| ansehen ließ, und Ihre edle Uneigennützigkeit, mit der Sie mir die | |||||||
| Freiheit ertheilten, Ihren Vorlesungen beiwohnen zu dürfen, verhalf | |||||||
| mich, wenn gleich damals noch nicht zu der philosophischen Bildung, | |||||||
| die ich izt gewiß aus Ihrer Nähe ziehen würde, dennoch zu der Aufmercksamkeit | |||||||
| und Liebe zu eigenem Nachdenken, die mich izt besser in | |||||||
| den Stand setzen aus Ihren vortreflichen Werken mich zu unterrichten. | |||||||
| Seit drey Iahren beschäftige ich mich sehr ernstlich mit Ihren Werken, | |||||||
| zu denen mich die Gegenschriften meiner HerzensFreunde Iacobi und | |||||||
| Selle führten und ich vermag es Ihnen gar nicht auszudrücken, wieviel | |||||||
| dieses Studium zum Glück meines Lebens beiträgt. Unaussprechlich | |||||||
| hat mich Ihre Critick der Urtheilkraft beglückt. ich werde nicht ehe | |||||||
| aufhören sie zu studieren als bis ich im Stande bin eine vollständige | |||||||
| Critick der schönen Künste darnach vorzutragen, um so, durch die | |||||||
| weitere Ausbreitung Ihrer Philosophie, so weit meine Fähigkeit reicht, | |||||||
| auf die angemessenste Art, das innige Gefühl meiner Danckbarkeit und | |||||||
| Verehrung lebenslang an den Tag zu legen. | |||||||
| Um fürs erste mein Kunstpublickum darauf aufmercksamer zu | |||||||
| machen, hab' ich die Hauptsätze über schöne Kunst, Genie Geschmack | |||||||
| herausgezogen und lasse solche, mit Rückweisung auf das | |||||||
| Werck selbst, in einem Stück meines Kunstmagazins abdrucken an | |||||||
| welchem eben gedruckt wird. Und so will ich mein Kunstmagazin, | |||||||
| das mit mancher, gutgemeinten aber lustigen Phantasie anhub, mit | |||||||
| Wahrheit beschliessen. ich hoffe Sie haben nichts dagegen, bester Herr | |||||||
| Professor. | |||||||
| Vor kurzem hab' ich aus Neapel die ganz vortreflichen LandCharten | |||||||
| vom Königr: Neapel, die nach Zanoni u. andern dort mit | |||||||
| einer Pracht und Genauigkeit gestochen werden, die alle französischen | |||||||
| und englische Landcharten zurück läßt, für Sie, bester Herr Professor, | |||||||
| mitgenommen. Sie sind leider noch mit andern Sachen, die ich für | |||||||
| den König mitgebracht, auf der See, sonst würde ich sie Herrn Kiesewetter | |||||||
| mitgeben. Erlauben Sie mir aber sie Ihnen so bald sie hier | |||||||
| ankommen als ein sehr geringes Zeichen der danckbahren Verehrung | |||||||
| zu übersenden, mit der ich lebenslang verharre | |||||||
| Ihr> | |||||||
| ganz Ergebenster | |||||||
| Berlin. Den 28t Aug. 90. | Reichardt. | ||||||
| [ abgedruckt in : AA XI, Seite 201 ] [ Brief 442 ] [ Brief 444 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |
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