Kant: AA XI, Briefwechsel 1790 , Seite 201

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 geworben hat, hieran Anlas und Vorwand nehmen      
  02 sie aufzuwiegeln von dieser Seite die Critik anzufechten, wenigstens      
  03 Scheine, und dadurch die Würdigung seiner Behauptungen      
  04 der gemischten Materien) in der künftigen Beurtheilung derselben      
  05 erschweren möchte. Da Ihr gründliches Werk der reinen      
  06 ohne Zweifel entweder jenen Streit beendigen, oder zu Abfertigung      
  07 Gegner Ihrer Theorie ohne Zweifel hinreichenden Anlas      
  08 wird, so wäre meine Meynung, Hrn. Eberhard, der ohnedem      
  09 gern von der Klinge abspringt, nicht dadurch in seiner Gewohnheit,      
  10 Standpunct der Beurtheilung unaufhörlich zu verrücken, Vorschub      
  11 geben, vornehmlich da das vor jener Stelle vorhergehende schon      
  12 für sich hinreichend ist, die von Misdeutungen Ihrer Theorie hergenommene      
  13 Einwürfe abzuweisen. Doch habe ich hiedurch nichts vorschreiben      
  14 wollen, sondern überlasse alles Ihrem eigenen gründlichen      
  15 und beharre mit vorzüglicher Hochachtung      
           
  16   Ew: Hochehrwürden      
  17   ganz ergebenster Diener      
  18   I. Kant.      
  19   16t. Aug. 1790.      
           
           
    443.      
  21 Von Iohann Friedrich Reichardt.      
           
  22 28. Aug. 1790.      
           
  23 Theuerster Herr Professor.      
  24 Die grosse Verbindlichkeit, die ich Ihnen von Kindheit an habe,      
  25 wächst mit jeder neuen Schrift von Ihnen über allen Ausdruck. Ihr      
  26 weiser gütiger Rath allein, half mir auf den Weg zur litterarischen      
  27 Bildung, die mir bald meine Kunst aus einem höheren Gesichtspunckt      
  28 ansehen ließ, und Ihre edle Uneigennützigkeit, mit der Sie mir die      
  29 Freiheit ertheilten, Ihren Vorlesungen beiwohnen zu dürfen, verhalf      
  30 mich, wenn gleich damals noch nicht zu der philosophischen Bildung,      
  31 die ich izt gewiß aus Ihrer Nähe ziehen würde, dennoch zu der Aufmercksamkeit      
  32 und Liebe zu eigenem Nachdenken, die mich izt besser in      
  33 den Stand setzen aus Ihren vortreflichen Werken mich zu unterrichten.      
  34 Seit drey Iahren beschäftige ich mich sehr ernstlich mit Ihren Werken,      
  35 zu denen mich die Gegenschriften meiner HerzensFreunde Iacobi und      
  36 Selle führten und ich vermag es Ihnen gar nicht auszudrücken, wieviel      
           
     

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