Kant: Briefwechsel, Brief 185, Von Iohann Bobrik.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Iohann Bobrik.      
           
  20. Nov. 1782.      
           
  Wohlgeborner, hochgelarter      
           
  höchstzuehrender Herr Profeßor,      
           
  Eur Wohlgebornen haben doch wohl ohne allen Zweifel die von      
  mir verlangten Probebogen erhalten, welche ich damals auf Dero geehrtestes      
  Schreiben unmittelbar mit der ersten Post zu übersenden die      
  Ehre hatte. Vermutlich sollen selbige erst mit der mir versprochenen      
  und vielleicht noch nicht abgedrukten Schrift zusammen zurücke kommen.      
  Es hat auch noch immer damit Zeit, wenn ich nur weiß, daß sie sich      
  in Dero Händen befinden. Ietzt eben habe ich die Uebersetzung der      
  Antinomie der r: Vernunft zu Ende gebracht. Natürlicher Weise ging      
  alles je länger je beßer. Nun gehe ich dieses letztere Stück zum zweiten      
  mahl durch. Ich finde noch immer manches zu verbeßern, ziehe die      
  mir noch nicht recht anstehende Stellen aus, um sie hernach mit zween      
  guten und der lateinischen Sprache sehr wohl kundigen Freunden aus      
  Marienburg durchzugehen, damit das durch seinen innern Werth sich      
  so sehr empfelende Werk durch die Uebersetzung so wenig als möglich      
  verliere, und wenn ich wo bemerke, daß bey allem Fleiße doch noch      
           
  der Leser hernach nicht den wahren Sinn des Wortes trefen      
  dörfte, so schließe ich wie z. E. bey dem Worte Maxime, welches, da      
  es vom Princip zu unterscheiden, ich nicht beßer als Praeceptum geben      
  kann, das deutsche Wort neben bey in zwey Häckgen ein. Wenn auch      
  die überschickten 4 Bogen erst meine zwote Censur erhalten werden,      
  so wird da auch noch manches ohnfehlbar geändert werden. Dero Zueignungsschreiben      
  an den Minister Zedlitz halte ich bey der Uebersetzung      
  für fremde sehr entberlich. Wenn Ew: Wohlgebornen hierinnen      
  aber anders denken, so bin ich auch bereit selbiges im lateinischen      
  Kleide hinzuzufügen. Da übrigens das erforderliche hinlängliche      
  Durchsehen des ganzen Werkes, wie ich jetzt finde auch noch immer      
  Zeit wegnemen muß, so dörfte vor Ende des Märzes künft: Iahres      
  das Werk noch wohl nicht der Preße überliefert werden können. So wie      
  ich nun in allem Dero Beyfal zu verdienen wünsche, so versichre ich      
  zugleich, daß ich mit der volkommensten Hochachtung verharre      
           
    Ew: Wohlgebornen      
    MhHerrn Profeßors      
    ganz ergebenster Diener      
    Bobrik      
  Neuteich d. 2Oten        
           
           
           
     

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