Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zu Zum Ewigen ... , Seite 202

   
         
 

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  01 dazu gesellet haben um eine solche Irrung zu veranlassen. Ein    
  02 solches Phänomen ist wenn gleich die Sache selbst nichts Merkwürdiges in    
  03 sich enthält doch gewissermassen als Scandal merkwürdig welches doch    
  04 am Ende einer sich einmengenden Afterphilosophie zu Schulden kommen    
  05 muß indessen daß die Mathematik in ihrem ungestöhrten Besitze bleibt.    
         
  06 Hr. D. u. P. Reimarus behauptet auf Veranlassung meiner Abhandlung    
  07 (Berl. M. S. May. 1796) in einem folgenden Stück (August    
  08 1796) mit Recht (in andern Ausdrücken)    
         
  09 Daß das razionale Verhältnis der drey Seiten eines rechtwinklichten    
  10 Dreyecks sich auf mehrere Zahlen als die 3, 4, 5 erstrecke und    
  11 gab darüber Beweise    
         
  12 Ich aber (im May) behauptete, wie ich glaube, mit eben dem    
  13 Recht daß jenes Verhältnis nur für die Zahlen 3, 4, 5 gelte, und der    
  14 strenge Beweis davon läßt sich jederzeit geben.    
         
  15 Hier ist nun den Ausdrücken nach ein gerader Wiederspruch    
  16 dem Sinne nach aber in welchem sich jeder von beyden jenes Zahlverhältnis    
  17 dachte eine Verschiedenheit die auf Misverstand hinleiten    
  18 konnte. - Denn Hr. Reimarus verstand das razionale Verhältnis von der    
  19 Menge aller möglichen Zahlen (sparsim); ich aber (aus einem Grunde    
  20 den ich bald nennen werde) von der Reihe der in der natürlichen    
  21 Ordnung unmittelbar auf einander folgenden Zahlen von 0    
  22 durch eine fortgehende Hinzusetzung von 1 - (coniunctim). Hier ist also    
  23 wenn man sich einverständigt kein Wiederspruch weil nicht von Einem u.    
  24 demselben sondern von verschiedenen Begriffen etwas bejahet u. verneint    
  25 worden    
         
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Zweite Seite

   
         
  27 Es kann also nur die Frage seyn wer die Rüge dieses Misverstandes    
  28 halber verdiene.    
         
  29 Wenn die Aufgabe rein mathematisch war so muß die Schuld auf    
  30 mich fallen; denn der welcher etwas allgemein bejahet oder verneinet    
  31 kann den Vorwurf des Irrthums nicht von sich ablehnen wenn ihm (durch    
  32 eine Instanz) bewiesen wird daß der Satz nicht allgemein gelte. - Aber    
  33 hier lasse ich ja nicht den Mathematiker sondern den über mathematische    
  34 Sätze Philosophirenden und darhinter Geheimnisse wähnenden Zahlenmystiker    
  35 sprechen der es allerdings befremdlich und merkwürdig finden    
  36 wird daß in der ins Unendliche fortgehenden gleichförmig wachsenden Reihe    
         
     

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