Kant: AA XIX, Erläuterungen zu A. G. Baumgartens ... , Seite 152

     
           
 

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  01 ** (s Die tugend hat auch einen guten Anstand; sie hat eine gewisse      
  02 Reinlichkeit und Ordnung in der Erscheinung. )      
           
  03 Zwischen den letzten beiden Zusätzen (Zeile 27--32 und 1--2)      
  04 steht ein Verte mit einem Verweisungszeichen, dem auf Pr 36 ein zweites      
  05 Zeichen entspricht, das folgende Reflexion (Phase ξ? φ??) einführt:      
  06 Pr 36: Das Moralische Urtheil der Billigung und Misbilligung geschieht      
  07 durch den Verstand, die Moralische Empfindung des Vergnügens      
  08 und Abscheus durchs moralische Gefühl, doch so, daß nicht das moralische      
  09 Urtheil aus dem Gefühl, sondern dieses aus jenem entspringt. Alles moralische      
  10 Gefühl setzt ein sittliches Urtheil durch den Verstand voraus.      
           
  11 Wir könen so gar ohne merkliches Gefühl billigen oder misbilligen      
  12 und die Handlungen des Abscheus würdig finden. Der Abscheu selber      
  13 wird endlich erzeugt durch übung. sentiment. Moralischer instinct.      
           
  14 (g Die Ethische Pflichten haben in der Ausübung mehr ihren Ursprung      
  15 im Gefühl als in Moralischen Begriffen, die des Rechts blos      
  16 mehr in Begriffen als im Gefühl; daher nur die letztere bestimte Regeln      
  17 haben, bey den ersteren aber die Vergleichung meines Gefühls. Es kan      
  18 indessen eine gute Handlung blos aus moralischen Begriffen oder Grundsätzen      
  19 geschehen ohne alles Gefühl: begnadigung ohne Mitleiden, eheliche      
  20 treue ohne Liebe. Und ofters aus Gefühl ohne Grundsätze: instinct. Alle      
  21 Liebe ist eben so wohl als die Hochachtung eine art von Gefühl. Man kan      
  22 sich solche nicht geben, und in ansehung Gottes ist nur die letztere möglich.      
  23 Wir schätzen immer die bonität aus Gefühl höher als aus Grundsätzen      
  24 (doch müssen jene nach diesen eingerichtet seyn), weil sie sonst veränderlich      
  25 und oft falsch sind. Die Grundsätze sind zu schwach und können durch      
  26 sophisterey überwogen werden. Pr 37: Man glaubt immer sicherer zu      
  27 seyn, wenn die Sinnlichkeit der Vernunft zur Seite geht und ihr die      
  28 Weihe giebt, den flatterhaften Menschen zu fesseln. Das Gute Gemüth      
  29 ist eigentlich dieses Gute Gefühl und, weil es an sich selbst ohne Grundsätze      
  30 ist, schwach und mehr gütig als edel. Das Böse gemüth kan eben      
     

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