Kant: AA XIX, Erläuterungen zu A. G. Baumgartens ... , Seite 113

     
           
 

Zeile:

 

Text:

 

 

 

 
  01 durch Aussicht auf Ehre getrieben wird, thut man es doch nicht um dieser      
  02 Ehre willen allein, sondern nur so ferne wir uns durch eine geheime überredung      
  03 einbilden können, die Grundsätze der Tugend hätten es hervorgebracht.      
  04 Wir müssen uns vor unsern eignen Augen die mechanic unserer      
  05 eigennützigen Antriebe verbergen.      
           
  06 Das kräftigste Mittel, die Menschen zum moralisch guten anzutreiben,      
  07 ist also die Vorstellung der reinen Tugend, um sie hochzuschätzen und      
  08 deutlich zu sehen, daß man sich selbst nur schätzen kan, in so fern man ihr      
  09 gemäß ist, daß man aber auch zeige, dieses sey das einzige Mittel, von      
  10 andern Geschatzt und geliebt zu werden, hiedurch die größeste Sicherheit      
  11 und Gemächlichkeit, lauter folgen, um derer willen man zwar nicht das      
  12 Gute thut, die es aber begleiten. Man muß die Neigungen, die mit der moralitaet      
  13 nahe zusammen stimen, excitiren: Ehrliebe, Geselligkeit, freyheit.      
           
  14 Es besteht also die praxis der Sittlichkeit in derienigen formirung      
  15 der Neigungen und des Geschmaks, der uns fähig macht, unser Be die      
  16 handlungen, die auf unser Vergnügen hinaus laufen, auch als sol mit      
  17 den moralischen principien zu vereinigen. Dieses ist der tugendhafte,      
  18 folglich der, welcher seine Neigungen den moralischen Grundsatzen zu conformiren      
  19 weiß.      
           
  20 (s Der gegenwärtig verheissene Nutzen kan auch wohl ohne alle moralitaet      
  21 zu derselben handlung antreiben, die die Sittlichkeit befehlen      
  22 würde. Allein niemals wird iemand aus blossen selbstliebigen Bewegungsgründen      
  23 sich allgemein und nach einer allgemeinen Regel solchen      
  24 handlungen unterziehen ohne allen moralischen Bewegungsgrund oder      
  25 dessen überredung. )      
           
   

 

6620.   κ--λ? (η?)   Pr X.
 
     
  27 Daß epicur aus der corperlichen sinnlichkeit alle Triebe der Natur      
  28 herleitete, kan ihm nicht zur Beschuldigung gereichen, als wolle er, man      
  29 soll diese cörperliche Vergnügen sich iederzeit zu seinem Zweke vorsetzen.      
  30 Man er Die Natur hat sie in uns gelegt, um uns zu treiben; wir sollen      
  31 aber ofters gantz andere und edlere Absichten uns vorsetzen, und denn      
  32 wird die Befriedigung dieser triebe uns noch schmakhafter werden. So      
     

[ Seite 112 ] [ Seite 114 ] [ Inhaltsverzeichnis ]