Kant: AA XII, Briefwechsel 1797 , Seite 173

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 diesen bald Ienen herauszufordern. Vor etwa 5 Iahren wollte er mit      
  02 mir eine ähnliche Fehde anfangen, allein, nachdem ich ihm einmal      
  03 geantwortet hatte, hat er nicht wieder geschrieben. Hoffentlich wird      
  04 sich sein ganzer Sturm gegen die Kritik der r. V. auch mit dem      
  05 Fehdebrief an Sie schon endigen.      
           
  06 Ich bezeige Ihnen über die auch in Ihren letzten Arbeiten noch      
  07 immer hervorstechende Munterkeit Ihres hohen Alters meine herzliche      
  08 Freude. Der Himmel erhalte Sie uns noch lange, das wünscht mit      
  09 der ganzen Fülle seines Herzens      
           
  10   Ihr Sie verehrender      
  11   Diener      
  12 Halle den 2O Iun: Ioh. Heinr. Tieftrunk.      
  13 1797.        
           
           
    756.      
  15 Von Iacob Sigismund Beck.      
           
  16 Halle den 24ten Iuny 1797.      
           
  17 Hochachtungswürdiger Mann,      
           
  18 Als ich schon meinen, verlaufenen 20ten an Sie gerichteten Brief      
  19 auf die Post gebracht hatte, nahm ich den Ihrigen noch einmahl in      
  20 die Hände. Indem ich nun bey dem Anfange desselben, und bey einigem      
  21 was Herr Hofprediger Schulz mich sagen läst, etwas verweilte,      
  22 wurde mir die eigentliche Veranlassung sowohl zu Ihrem Briefe, als      
  23 auch zu dem Unwillen dieses würdigen Mannes etwas begreiflicher,      
  24 und da ich nun die Sache in einem etwas andern Lichte ansah, faßte      
  25 ich den Entschluß, mit der heutigen Post noch dasjenige nachzuhohlen,      
  26 was mir jetzt noch nöthig scheint, Ihnen zu sagen.      
           
  27 Sie geben nämlich die Veranlassung zu Ihrem Briefe mit den      
  28 Worten an: daß er die schnelle und öffentliche Beylegung der Mishelligkeit      
  29 critischer Principien vom obersten Rang betreffe. Aus diesem      
  30 nun, und aus den Bemerkungen des Herrn Hofprediger, da er mich      
  31 z. B. sagen läst: "Realität ist die ursprüngliche Synthesis des Gleichartigen      
  32 der Empfindung, die vom Ganzen zu den Theilen geht (wobey      
  33 wahrscheinlich Sie es sind der mich, und zwar mit allem Recht      
  34 frägt: "Was hier Empfindung bedeuten mag, wenn es keine Sinnlichkeit      
  35 giebt, sehe ich nicht wohl ein." Gewiß, vortreflicher Mann,      
           
     

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