Kant: AA XII, Briefwechsel 1797 , Seite 168

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 daß es nach ihm heissen soll, die Vorstellung vom Raum ist Anschauung.      
  02 Ich zeige ihm, daß der Raum selbst eine reine Anschauung      
  03 ist, das heißt, die ursprüngliche Verstandessynthesis worauf die objective      
  04 Verbindung (ein Object hat diese oder jene Grösse) beruht. Nie in      
  05 den Sinn ist es mir gekommen, zu sagen, daß der Verstand das Ding      
  06 macht; ein baarer Unsinn! Wie kann Herr Schultz so unfreundlich      
  07 seyn mir dieses zu Schulden kommen zu lassen. Wie gesagt, ich wollte      
  08 nicht, im geringsten mehr, als die Leute darauf führen, daß wir nichts      
  09 objectiv verknüpfen können (urtheilen mit einem Wort, sagen: ein      
  10 Ding hat diese oder jene Grösse, diese oder jene Realität, Substantialität      
  11 u.s.w.) was der Verstand nicht vorher selbst verbunden      
  12 hat und daß hierin die objective Beziehung liegt. Hierauf will ich      
  13 jeden, wie mit der Nase darauf führen und wie sollte einer bey diesem      
  14 Licht nicht sehen können! Da heißt nun dieser auf mich wirkende, die      
  15 Sinne rührende Gegenstand, Erscheinung und nicht Ding an sich,      
  16 wovon ich lediglich den negativen Begriff aufstellen kann, als von      
  17 einem Dinge dem Prädicate schlechthin (ganz abgesehen von diesem      
  18 ursprünglichen Verstandesverfahren) zukommen, - eine Idee und so      
  19 auch die von einem urbildlichen Verstande, die natürlich durch Entgegensetzung      
  20 aus jener Eigentheit unsers Verstandes entspringen.      
  21 Meine Absicht ging dahin, dem Begriff von Ding an sich den Zugang      
  22 in die theoretische Philosophie zu verschließen, auf dessen ganz eigene      
  23 Art von Realität ich lediglich in dem moralischen Bewußtseyn geleitet      
  24 werde. In jenem ersten Abschnitt meiner Schrift, spreche ich etwas      
  25 laut, nenne auch freylich die Anschauung sinnlos. Ich nenne alle      
  26 Resultate Ihrer Arbeit so, ich, der indem ich sie so nannte, der größte      
  27 Bewunderer derselben war und Herr Hofprediger S. sie gewiß nicht      
  28 mehr verehren konnte als ich. Auch ist er der einzige der mich so mißverstanden      
  29 hat. Fast kann ich mir dieses Mißverstehen nicht anders als      
  30 durch die Nachricht erklären, die mir Herr Motherbey, der so gut war,      
  31 mich zu besuchen, gegeben hat, daß der würdige Mann seine Frau vor      
  32 einiger Zeit verlohren hat, welches Ereigniß ihm vieleicht einige      
  33 Grämlichkeit zurückgelassen hat. Auch kann wohl immer etwas frommer,      
  34 von seiner theologischen Denkart übrig gebliebener Eifer im Hintergrunde      
  35 seyn, der gewiß wohl von wackerer Denkungsart einen Beweis      
  36 ablegt, aber andern ehrlichen Leuten doch immer etwas beschwerlich      
  37 fällt. Niemand hat der Sache nach, von allen Freunden der critischen      
           
     

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