Kant: AA XII, Briefwechsel 1797 , Seite 155

     
           
 

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  01 vor, fortsetzen. Den Unterricht bei den beiden Prinzen, für den ich      
  02 zusammen jährlich 240 rthlr. erhalte, habe ich beibehalten.      
           
  03 Von meiner Darstellung Ihres Systems für Uneingeweihte erscheint      
  04 Michaelis die zweite Auflage, ich habe manches darin abgeändert      
  05 und manche Zusätze gemacht, ich wünschte herzlich, daß Sie sie      
  06 für Verbesserungen möchten gelten laßen. Der hiesige Dänische Gesandtschaftsarzt,      
  07 der mein Zuhörer und ein treflicher Kopf ist, wird Ihr      
  08 Werkchen über den ewigen Frieden und diese Darstellung ins Dänische,      
  09 und ein junger schwedischer Gelehrter, der auch meine Vorlesungen      
  10 besucht, ins Schwedische übersetzen. Auch habe ich das große Vergnügen,      
  11 daß in mehreren katholischen Klöstern über meine Logik Vorlesungen      
  12 gehalten werden.      
           
  13 Ietzt aber habe ich noch eine Bitte an Sie. Ihr Werkchen über      
  14 den ewigen Frieden hat mich entzückt; und ich habe angefangen einen      
  15 Commentar darüber auszuarbeiten, worin ich die darin enthaltenen      
  16 Sätze aus dem Natur und Völkerrecht nach Anleitung ihrer Metaphysik      
  17 des Rechts auseinandergesetzt und erläutert habe. Ich sehe aber wohl      
  18 ein, daß ich ohne Ihre Erlaubniß dis nicht drucken laßen kann; daher      
  19 will ich, wenn Sie es mir gütigst erlauben, Ihnen das Manuscript,      
  20 so bald es fertig ist, zuschicken; erhält es Ihren Beifall nicht, so mag      
  21 es ungedruckt bleiben, und ich habe wenigstens den Vortheil meine      
  22 Gedanken über so wichtige Gegenstände mir auseinander gesetzt zu      
  23 haben.      
           
  24 Die Nachrichten, die mir HE. D. Friedländer von Ihrem Wohlbefinden      
  25 gebracht hat, haben mir ungemein viel Freude gemacht, so      
  26 wie ich überhaupt an allem, was sie betrift, den lebhaftesten Antheil      
  27 nehme - HErr Hahnrieder, der mit seiner Lage sehr zufrieden ist,      
  28 hat mir aufgetragen, Ihnen in seinem Namen tausend Empfehlungen      
  29 zu machen.      
           
  30 Dürfte ich Sie bitten dH. Hofprediger Schulz, H. Prof. Gensichen      
  31 und dH. Criminalrath Stägemann mein Compliment zu machen      
  32 und sie von der glücklichen Wendung meines Schicksals zu benachrichtigen.      
           
  33 Neuigkeiten, die Sie interessiren und die Sie nicht durch den Weg      
  34 der Publicität erhielten, giebt es jetzt wenig. Der König ist sehr krank      
  35 und leidet an der Brustwassersucht, so daß er zuweilen Ohnmachten      
  36 bekömmt; er ist ganz abgezehrt und die Aerzte fürchten, daß er nicht      
  37 lange mehr leben möchte; als er vergangenen Sonnabend von Potsdam      
           
     

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