Kant: AA XI, Briefwechsel 1792 , Seite 372

     
           
 

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  01 nun auch, zur Fortsetzung seines Studirens ihm eine bleibende Stätte      
  02 verschaft, durch Dero vielvermögende Fürsprache, durch welche er die      
  03 Stelle eines Lehrers in der reformirten Schule erhalten hat. Ich      
  04 leugne es nicht, das fortgesezte Wohlwollen eines solchen Kenners der Verdienste      
  05 erweckt in meinem Väterl[ichen] Gemüthe die fröligsten Hofnungen      
  06 über den jungen Mann. Dennoch schreibe ich das meiste Dero Großmuth      
  07 und der hertzlenckenden Gnade unseres Gottes zu. So dancke ich      
  08 Ihnen solche Hertzens Güte, wie nur ein zärtl[icher], an dem Glück seiner      
  09 Kinder teilnehmender, Vater dancken kan. Dreymahl gesegnet ist mir      
  10 die Stunde, in welcher mein Sohn gewürdiget wurde, einen Kant      
  11 Seinen Lehrer und Führer zu nennen. Gesegnet werde von mir der      
  12 edle Großmütige Weise der mein Kind mit Rath und That vielfach      
  13 beseeligte, auf Zeit und Ewigkeit! Erhalten Sie, den ich mit der ungeheucheltesten      
  14 Ehrerbietung nur nenne, diese väterliche Gewogenheit      
  15 demselben. Wenn etwas mich in dieser Welt erfreuen kan; es ist, da      
  16 mein Sohn Dero Güte mit der ächtesten Treue, Ehrerbietung und      
  17 zuvorkommender Dienstfertigkeit erwiedere. Dann soll er mein liebstes      
  18 Kind seyn! Und nun, mit Dero Erlaubniß, ein Wort von dem Iünglinge,      
  19 welcher die Ehre hat, dieses Schreiben Hochdenenselben zu überreichen.      
  20 Es ist mein zweyter Sohn, der 3 Iahr das Stettinsche Gymnasium      
  21 frequentirt hat. Seine Lehrer bezeugen, daß er mit unbescholtenen      
  22 Sitten, einen lobenswürdigen Fleiß und seinen Fähigkeiten gemäße      
  23 Fortschritte vereinigte. Alles kommt beym gründl[ichen] Studiren auf gute      
  24 Plane an. Ich hoffe, mein altester wird ihm solche entwerfen. Dürfte      
  25 ich jedoch ehrerbietigst bitten, diesen Plan Selbst zu übersehen, und      
  26 mit Dero Rath ihn zu einen guten Grund seines Wissens zu verhelfen?      
  27 Ach! Ew. Wohlgeb. erzeigen solches einem Vater von 7 Kindern, der      
  28 nicht irrdische Große, nicht Reichthum, für Sie von Gott erflehet; wohl      
  29 aber daß ein jeder dem Stande, welchen er erwehlet, Genüge leiste,      
  30 und seine Pflichten gewißenhaft erfülle. Sie erzeigen solches einem      
  31 Manne, der mit der Höchsten Ehrerbietung und einer ewigen Erkentlichkeit      
  32 sich nennet,      
           
  33   Ew: Wohlgebohrnen      
  34 Ducherow gehorsamsten und verbundensten      
  35 den 1ten Octobr Diener      
  36 1792. Iohann Gottfried Lehmann.      
           
           
           
     

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