Kant: AA XI, Briefwechsel 1790 , Seite 152 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
| 418. | |||||||
| 02 | Von Iohann Wilhelm Andreas Kosmann. | ||||||
| 03 | 15. April 1790. | ||||||
| 04 | Wohlgebohrner, | ||||||
| 05 | Hochgeehrtester Herr Profeßor! | ||||||
| 06 | Endlich ist es mir gelungen mein Magazin für kritische und | ||||||
| 07 | populaire Philosophie, das ich dem Eberhardschen vorzüglich entgegen | ||||||
| 08 | sezze, zu Stande zu bringen. Noch vor Iohannis erscheint das erste | ||||||
| 09 | Stück und enthält: | ||||||
| 10 | 1, einen Aufsazz von Herr Prof. Iakob über Erkennen: ein Vorschlag | ||||||
| 11 | zur Beseitlegung einiger philosophischen Streitigkeiten. | ||||||
| 12 | Der Herr Professor erklärt erkennen durch das Beziehen einer | ||||||
| 13 | Vorstellung auf einen bestimten Gegenstand. In sofern ich | ||||||
| 14 | nun durch allgemeine Begriffe mir Gott denke und diese Vorstellung | ||||||
| 15 | auf den durch diese allgemeine Begriffe bestimten Gegenstand | ||||||
| 16 | beziehe, in sofern kann ich in dieser Hinsicht wohl sagen | ||||||
| 17 | ich erkenne Gott, aber ich kann ihm das Praedikat der Existenz | ||||||
| 18 | der objektiven Realitaet desfals nicht beylegen. | ||||||
| 19 | 2, einen Namenlosen Aufsazz über die bisherigen Gründe der Praktischen | ||||||
| 20 | Weltweisheit. Ein lesenswürdiger Commentar über einige | ||||||
| 21 | Stellen Ihrer Critik der praktischen Vernunfft | ||||||
| 22 | 3, Ueber die transscendentelle Aesthetik ein Aufsazz von mir selbst, | ||||||
| 23 | wo ich den Einwürfen dHE. Feder, Maas, Weishaupt und den | ||||||
| 24 | Recensenten der allg. deutsch. Bibl. begegne und es darthue da | ||||||
| 25 | sie meist auf Misverständnißen beruhn. Wer das System der | ||||||
| 26 | Vernunfftcritik erschüttern will, muß hier beginnen anders ist es | ||||||
| 27 | nicht möglich. Aber auch dies ist unmöglich fals man nicht die | ||||||
| 28 | ganze Apodiktische Gewisheit der Mathematik über den Haufen | ||||||
| 29 | stoßen will. Wäre die Geometrie eine Wissenschafft aus Vernunfftbegriffen, | ||||||
| 30 | so müste sie sich auch ohne Figuren zu gebrauchen, | ||||||
| 31 | ohne an den Raum als eine unendliche und einige Größe, wenn | ||||||
| 32 | ich mich so ausdrucken darf, zu denken, tradiren lassen. | ||||||
| 33 | Einen Aufsazz von Herr Reinhold erwarte ich noch. Ew. Wohlgebohren | ||||||
| 34 | bitte ich gehorsamst um die Erlaubnis Ihnen den ersten Teil | ||||||
| 35 | zu senden und dann Ihr Urteil erwarten zu dürfen, ob das Buch es | ||||||
| 36 | verdient mit Ihrem Bildniß geziert zu werden. Hätten Sie einst | ||||||
| [ Seite 151 ] [ Seite 153 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||