Kant: AA X, Briefwechsel 1786 , Seite 434

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 daher auf Morgen Abend, zur Conferenz mit Pr. Reusch, in natura      
  02 oder in Abschrift werde zurük erbitten müssen. Ieden andern würde      
  03 es mir weniger Mühe kosten, von seinem Rechte zu überzeugen; und      
  04 ich wünschte daher die Sache recht scharf und klar auseinander setzen      
  05 zu können. Aber so wenig es mir auch gelungen sey, hoffe ich doch,      
  06 Sie werden erkennen, daß Sie den Senat eine Ungerechtigkeit begehen      
  07 lassen, wenn Sie gestatten, daß ein anderer, als Sie selbst, zum Rector      
  08 gewählt werden. In der Manier, sich die vier philosophischen Senatoren,      
  09 unabhängig von dem Wechsel der Personen, als ein Collegium quadrimembre      
  10 zu denken, welche Vorstellungsart gleichwohl die Sache sehr      
  11 zu erleichtern scheint, werden Sie Ihren treuen Schüler erkennen, der      
  12 indessen bisher noch schlecht gezeigt hat, daß er seinen Lehrer gehörig      
  13 zu benutzen verstanden.      
           
  13   Behalten Sie lieb diesen Ihren      
  14   treuen      
  15 Sonntag spät des Abends. Kraus.      
           
           
    263.      
  17 Von Christian Iacob Kraus.      
           
  18 21. März 1786.      
           
  19 Gern hätte Ihnen, Theurster Herr Professor, schon früher von      
  20 dem Ausschlag der gestrigen Conferenz Nachricht gegeben; aber die      
  21 Frühstunden kann ich vor Kälte nicht benutzen, und den Vormittag      
  22 von 8 bis 11 Uhr muß ich im Auditorio zubringen, und heute nach      
  23 11 Uhr fand ich für nöthig, die verzweifelte Turnustheorie noch einmal      
  24 durchzudenken und eine leichtere Darstellung derselben zu versuchen,      
  25 die denn nun auch bereits zum Oberhofprediger abgeschickt ist,      
  26 um noch heute unter den Senatoren zu circuliren. Werden Sie noch      
  27 an Ihrem Rechte aufs Rectorat zweifeln, wenn ich Ihnen sage, da      
  28 Prof. Reusch dies Ihr Recht in einem langen mit Belägen versehenen      
  29 Gutachten förmlich bewiesen hat? Er, der wider dies Ihr Recht so      
  30 viel Einwendungen machte, und mich mit meinen, freylich damals noch      
  31 nicht genug geschärften, Argumenten so schnöde abfertigte, wird doch      
  32 wohl durch nichts anders, als durch die Unmöglichkeit, Ihr Recht auf      
  33 eine ehrliche Art schriftlich bestreiten zu können, zur Deducirung      
  34 dieses Rechts bewogen worden seyn. Sein Gutachten und mein Promemoria      
  35 werden hoffentlich noch heute bey den stimmfähigen Senatoren      
  36 herumgehen; und dann wäre so weit alles von Ihrem Rechte überzeugt,      
           
     

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