Kant: AA X, Briefwechsel 1784 , Seite 372

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 welche, als Feinde der Vernunft und menschlichen Glükseeligkeit, izt      
  02 unter allen möglichen Gestalten und Konnexionen ihr Werk treiben.      
  03 Dieser Orden ist mächtiger als jemahls, und er würkt allenthalben      
  04 unter M-r-n, unter Katholiken und Protestanten; ein protestantischer      
  05 König soll selbst heimlicher I-s-t seyn: diese höllische Geister haben      
  06 die Herzen der Prinzen und Fürsten vergiftet; der Schein von Toleranz      
  07 bei den Katholiken, ist ein Werk das von ihnen herkommt, und wodurch      
  08 sie sogar die Protestanten suchen endlich unter den Katholicismuß      
  09 zu bringen. Geister bannen und dergleichen Schwärmereien, auch wohl      
  10 Gold machen u.d.g. sind Dinge, die von den angesehnsten Personen      
  11 geglaubt werden: ich selbst habe zu Berlin in Gesellschaften von vornehmen      
  12 Personen dergleichen gehört. Auch hält sich ein ehmaliger Gefährt      
  13 von Schröpfer bei einer sehr großen Person in Potsdam oder      
  14 Berlin auf. Mit des Kaysers Toleranz hat es nicht viel zu bedeuten,      
  15 und selbst hierunter hat Belial sein Spiel. - So wie die Menschen      
  16 immer wüthend gegen ihr eigen Heil, gegen Vernunft und Aufklärung      
  17 gewesen, so geschieht dies nun auch gegenwärtig: die Protestanten suchen      
  18 durch Errichtung von Gesellschaften, der Aufklärung (:wie sie sagen      
  19 der Atheisterei, dem Werk des Teufels:) entgegen zu arbeiten: eine      
  20 dieser Gesellschaften hat ihre Äste durch die Schweitz, Holland, Teutschland      
  21 und Preußen ausgebreitet; sie ist auch in Königsberg: hier an      
  22 diesem Ort, wo gesunde Vernunft auch gänzlich Kontre=Bande ist und      
  23 lauter Abderiten leben, ist auch eine Loge dieser Gesellschaft(:Urlsperger      
  24 von Augsspurg hat sie gestiftet, in Berlin sind Silberschlag und Apitsch      
  25 die bekannten Mitglieder davon, welche man öffentlich nennen kann:),      
  26 und hinter dergleichen Gesellschaften stekken sich auch die Iesuiten, um      
  27 nur den Keim der Vernunft mehr zu erstikken, und den Saamen der      
  28 Dumheit auszusäen. Wie groß ist mir unser König! und wie viel      
  29 hat ihm die menschl. Vernunft zu danken! m[öchte er doch] nur noch      
  30 20 Iahre leben können: Despotismuß, Schwärmerei und Aberglaube      
  31 drohen izt ganz Europa zu Boden zu drükken. Der Katholicismuß      
  32 und Iesuitismuß strekt seine Arme auch über England, Dännemark,      
  33 Schweden aus. England ist seinem Untergang nahe. - - Vergeben      
  34 Sie, theurer verehrungswürdiger Mann, daß ich Ihnen dies alles in      
  35 einer so rohen troknen Linie hingeworfen habe: ich habe nicht Vermögen,      
  36 izt zusammenhangender zu schreiben, behalte mir dies aber vor, da ich      
  37 auch HE Hamann und Brahl schreiben werde, denen, wenn Sie Gelegenheit      
           
     

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