Kant: AA X, Briefwechsel 1782 , Seite 283

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 17 Iahren ist zuletzt in Dessau erzogen worden, widmete sich der      
  02 Handlung und wurde dazu in Liebau, in das Hauß eines Freundes      
  03 gegeben, um ihn für die Zerstreuungen und Verführungen grösserer      
  04 Städte zu schützen. Seine Fähigkeiten sind mittelmässig, seine Kentnisse      
  05 schwach, er verstehet kaum seine Muttersprache: man kan aber      
  06 auch durch geringe Dienste und Ausrichtungen mit Treue Ordnung      
  07 Fleis dabey, in der Handlung nützlich seyn. Unser Phylantrop glaubte      
  08 aber zu grossen Dingen gebohren zu seyn und Geschick zu haben, entzog      
  09 sich allem Gehorsam gegen seinen Patron und seinen Vater, schrieb in      
  10 die gantze Welt und wollte durchaus, er der nicht rechnen nicht schreiben      
  11 kan, einen grossen HandelsMann vorstellen. Wie man ernsthaft auf      
  12 Gehorsam und Unterwerfung drang, nahm er die Flucht nach Königsberg,      
  13 wo er jetzt aus dem HandelsHaus der Herren Koenig et Scheele      
  14 an die Welt schreibt und sich empfiehlet; mir hat er die Ehre erwiesen      
  15 inl. Entschuldigungs=Schreiben zu adressiren, das ich ihm zurük eigenhandig      
  16 zu geben gehorsamst und noch mehr freundschaftlich ersuche, mit      
  17 der Bitte an ihn, mein Schreiben an ihn in Liebau pünktlich und      
  18 zierlicher als das zurükgesandte Geschmiere zu beantworten. Lassen Sie      
  19 Sich verehrungswürdiger Freund zur Kentnis der Sache und zur Auswechselung      
  20 der Creditive, den Zettel von mir seinetwegen, den ich den      
  21 HEn K et S: durch Herrn Schilder in Riga habe zukommen lassen, von      
  22 gedachten Herren geben. Und nun - wie machen wir es dem jungen      
  23 Narren begreiflich, daß er durchaus noch nichts erlernet, daß er      
  24 noch nicht für einen Tag Brod ehrlich erwerben kan : er wird Ihnen      
  25 wie mir sagen, da sollte man ihm für sorgen lassen und er würde      
  26 sich mit kindischen Projeckten und endlich mit Betrügereyen zu helfen      
  27 suchen. Daß es so was böses sey, daß er wieder den Befehl seines      
  28 Vaters nach Königsberg gegangen, begreift er eben so wenig. Da der      
  29 Schritt einmal geschehen, so wäre ich nicht zuwider, wenn Sie es      
  30 L: F : für gut halten und ich auch von andern gute Nachrichten von      
  31 den sich selbst gewählten Herren erhalte, ihn da unter guter Aufsicht      
  32 zu lassen. Daß aber der Ungehorsam und das Weglaufen ein Verbrechen      
  33 sey, wofür die Soldaten Spies=Ruthen laufen, wollte ich ihm      
  34 doch zu seiner Belehrung einsehen lehren. Ich weis durch Versuche,      
  35 daß ausserordentliche Mittel angewendet werden müssen, seinen Leichtsinn      
  36 zu erschüttern. In der Absicht habe ich nun EtatsMinister von Korff      
  37 wie Sie sehen, geschrieben, und darin vorausgesetzt daß Sie Sich der      
           
     

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