Kant: AA IX, Immanuel Kant's Logik Ein ... , Seite 043

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 1) zwar frühzeitig bestimmen, aber freilich doch erst alsdann, wenn      
  02 man ihn sich selbst bestimmen kann, welches gewöhnlich vor dem      
  03 20ten Jahre nicht stattfindet;      
           
  04 2) ihn nicht leicht und oft verändern (nicht von einem auf das andre      
  05 fallen);      
           
  06 3) den Horizont Anderer nicht nach dem seinigen messen, und nicht      
  07 das für unnütz halten, was uns zu Nichts nützt; es würde verwegen      
  08 sein, den Horizont Anderer bestimmen zu wollen, weil man theils      
  09 ihre Fähigkeiten, theils ihre Absichten nicht genug kennt;      
           
  10 4) ihn weder zu sehr ausdehnen, noch zu sehr einschränken. Denn der      
  11 zu viel wissen will, weiß am Ende nichts, und der umgekehrt von      
  12 einigen Dingen glaubt, daß sie ihn nichts angehen, betrügt sich oft;      
  13 wie wenn z. B. der Philosoph von der Geschichte glaubte, daß sie      
  14 ihm entbehrlich sei;      
  15 Auch suche man      
           
  16 5) den absoluten Horizont des ganzen menschlichen Geschlechts (der      
  17 vergangenen und künftigen Zeit nach) zum voraus zu bestimmen,      
  18 so wie insbesondre auch      
           
  19 6) die Stelle zu bestimmen, die unsre Wissenschaft im Horizonte der      
  20 gesammten Erkenntniß einnimmt. Dazu dient die Universal      
  21 Encyklopädie als eine Universalcharte ( Mappe-Monde ) der      
  22 Wissenschaften;      
           
  23 7) Bei Bestimmung seines besondern Horizonts selbst prüfe man sorgfältig:      
  24 zu welchem Theile des Erkenntnisses man die größte Fähigkeit      
  25 und Wohlgefallen habe, was in Ansehung gewisser Pflichten      
  26 mehr oder weniger nöthig sei, was mit den nothwendigen Pflichten      
  27 nicht zusammen bestehen könne und endlich      
           
  28 8) suche man seinen Horizont immer doch mehr zu erweitern als zu      
  29 verengen.      
           
  30 Es ist überhaupt von der Erweiterung des Erkenntnisses das nicht      
  31 zu besorgen, was d'Alembert von ihr besorgt. Denn uns drückt nicht die      
  32 Last, sondern uns verengt das Volumen des Raums für unsre Erkenntnisse.      
  33 Kritik der Vernunft, der Geschichte und historischen Schriften, ein      
  34 allgemeiner Geist, der auf das menschliche Erkenntniß en gros und nicht      
  35 bloß im detail geht, werden immer den Umfang kleiner machen, ohne im      
  36 Inhalte etwas zu vermindern. Bloß die Schlacke fällt vom Metalle weg      
  37 oder das unedlere Vehikel, die Hülle, welche bis so lange nöthig war. Mit      
           
     

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