Kant: AA VIII, Etwas über den ... , Seite 322

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01
Ausgleichung dieses Widerstreits.
     
           
  02 Die Anziehung des Mondes, also die einzige bewegende Kraft desselben,      
  03 wodurch er auf die Atmosphäre und allenfalls auch auf Witterungen      
  04 Einfluß haben kann, wirkt direct auf die Luft nach statischen Gesetzen,      
  05 d. i. sofern diese eine wägbare Flüssigkeit ist. Aber hiedurch ist der Mond      
  06 viel zu unvermögend, eine merkliche Veränderung am Barometerstande      
  07 und, sofern die Witterung von der Ursache desselben unmittelbar abhängt,      
  08 auch an dieser zu bewirken; mithin sollte (nach A) er sofern keinen      
  09 Einfluß auf Witterung haben. - Wenn man aber eine weit über die      
  10 Höhe der wägbaren Luft sich erstreckende (eben dadurch auch der Veränderung      
  11 durch stärkere Mondesanziehung besser ausgesetzte), die Atmosphäre      
  12 bedeckende imponderable Materie (oder Materien) annimmt, die,      
  13 durch des Mondes Anziehung bewegt und dadurch mit der untern Luft      
  14 zu verschiednen Zeiten vermischt oder von ihr getrennt, durch Affinität      
  15 mit der letztern (also nicht durch ihr Gewicht) die Elasticität derselben theils      
  16 zu verstärken, theils zu schwächen und so mittelbar (nämlich im ersteren      
  17 Fall durch den bewirkten Abfluß der gehobenen Luftsäulen, im zweiten      
  18 durch den Zufluß der Luft zu den erniedrigten) ihr Gewicht zu verändern      
  19 vermag*): so wird man es möglich finden, daß der Mond indirect auf      
           
    *) Diese Erklärung geht zwar eigentlich nur auf die Correspondenz der Witterung mit dem Barometerstande (also auf A); und es bleibt noch übrig, die der Winde mit den Mondsaspecten und den Jahreszeiten (nach B) bei allerlei Wetter und Borometerstande aus demselben Princip zu erklären (wobei immer wohl zu merken ist, daß schlechterdings nur vom Einfluß des Mondes und allenfalls auch dem viel kleineren der Sonne, aber nur durch ihre Anziehung, nicht durch die Wärme die Rede sei). Da ist nun befremdlich, daß der Mond in den gennanten astronomischen Punkten über verschiedene, doch in einerlei Breite belegene Länder Wind und Wetter auf verschiedne Art stellt und vorherbestimmt. Weil aber verschiedene Tage, ja wochen zu Feststellung und Bestimmung des herrschenden Windes erfordert werden, in welcher Zeit die Wirkungen der Mondesanziehung auf das Gewicht der Luft, mithin aufs Barometer einander aufheben müßten und also keine bestimmte Richtung desselben hervorbringen können: so kann ich mir jene Erscheinung nicht anders auf einige Art begreiflich machen, als daß ich mir viele außer und neben einander, oder auch innerhalb einander (sich einschließende) kreis= oder wirbelförmige, durch des Mondes Anziehung bewirkte, den Wasserhosen analogische Bewegungen jener über die Atmosphäre hinausreichenden imponderablen Materie denke: welche nach Verschiedenheit des Bodens (der Gebirge, der Gewässer, selbst der Vegetation auf demselben) und dessen chemischer Gegenwirkung den Einfluß derselben [Seitenumbruch] auf die Atmosphäre in demselben Parallelzirkel verschieden machen können. Aber hier verläßt uns die Erfahrung zu sehr, um mit erträglicher Wahrscheinlichkeit auch nur zu meinen.      
           
     

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