Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 217

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Das war nun ein Hinaufsteigen, um desto tiefer zu fallen. Denn      
  02 waren jene einfache Wesen in die Anschauung selbst hinein vernünftelt, so      
  03 waren ihre Vorstellungen, als in der empirischen Anschauung enthaltene      
  04 Theile, bewiesen, und die Anschauung blieb auch bei ihnen, was sie in      
  05 Ansehung des Ganzen war, nämlich sinnlich. Das Bewußtsein einer      
  06 Vorstellung macht keinen Unterschied in der specifischen Beschaffenheit      
  07 derselben; denn es kann mit allen Vorstellungen verbunden werden. Das      
  08 Bewußtsein einer empirischen Anschauung heißt Wahrnehmung. Daß also      
  09 jene vorgebliche einfache Theile nicht wahrgenommen werden, macht      
  10 nicht den mindesten Unterschied von ihrer Beschaffenheit als sinnlicher Anschauungen,      
  11 um etwa, wenn unsere Sinne geschärft, zugleich auch die Einbildungskraft,      
  12 das Mannigfaltige ihrer Anschauung mit Bewußtsein aufzufassen,      
  13 noch so sehr erweitert würde, an ihnen vermöge der Deutlichkeit*)      
           
    *) Denn es giebt auch eine Deutlichkeit in der Anschauung, also auch der Vorstellung des Einzelnen, nicht blos der Dinge im Allgemeinen (S. 295), welche ästhetisch genannt werden kann, die von der logischen, durch Begriffe, ganz unterschieden ist (so wie die, wenn ein neuholländischer Wilder zuerst ein Haus zu sehen bekäme und ihm nahe genug wäre, um alle Theile desselben zu unterscheiden, ohne doch den mindesten Begriff davon zu haben), aber freilich in einem logischen Handbuch nicht enthalten sein kann; weswegen es auch gar nicht zulässig ist, statt der Definition der Kritik, da Verstand als Vermögen der Erkenntniß durch Begriffe erklärt wird, wie er verlangt, das Vermögen deutlicher Erkenntniß zu diesem Behuf anzunehmen. Vornehmlich aber ist die erstere Erklärung darum die einzige angemessene, weil der Verstand dadurch auch als transscendentales Vermögen ursprünglich aus ihm allein entspringender Begriffe (der Kategorien) bezeichnet wird, da die zweite hingegen blos das logische Vermögen, allenfalls auch den Vorstellungen der Sinne Deutlichkeit und Allgemeinheit durch bloße klare Vorstellung und Absonderung ihrer Merkmale zu verschaffen, anzeigt. Es ist aber Herrn Eberhard daran sehr gelegen, den wichtigsten kritischen Untersuchungen dadurch auszuweichen, daß er seinen Definitionen zweideutige Merkmale unterlegt. Dahin gehört auch der Ausdruck (S. 295 und anderwärts) einer Erkenntniß der allgemeinen Dinge; ein ganz verwerflicher scholastischer Ausdruck, der den Streit der Nominalisten und Realisten wieder erwecken kann, und der, ob er zwar in manchen metaphysischen Compendien steht, doch schlechterdings nicht in die Transscendentalphilosophie, sondern lediglich in die Logik gehört, indem er keinen Unterschied in der Beschaffenheit der Dinge, sondern nur des Gebrauchs der Begriffe, ob sie im Allgemeinen oder aufs Einzelne angewandt werden, anzeigt. Indessen dient dieser Ausdruck doch neben dem des Unbildlichen, um den Leser einen Augenblick hinzuhalten, als ob dadurch eine besondere Art von Objecten, z. B. die einfachen Elemente gedacht würden.      
           
     

[ Seite 216 ] [ Seite 218 ] [ Inhaltsverzeichnis ]