Kant: AA VIII, Über die Vulkane im ... , Seite 071

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 der ihm nahe Flecken Klavius aber an Größe mit dem Markgrafthum      
  02 Mähren verglichen werden. Nun sind diese Länder auf der Erde eben auch      
  03 kraterähnlich von Gebirgen eingefaßt, von welchen eben so, als von dem      
  04 Tycho sich Bergketten gleichsam im Sterne verbreiten. Wenn aber unsere      
  05 durch Landrücken eingeschlossene kraterförmige Bassins (die insgesammt      
  06 Sammlungsplätze der Gewässer für die Ströme abgeben und womit das      
  07 feste Land überall bedeckt ist) dem Monde den ähnlichen Anblick doch nicht      
  08 verschaffen sollten - wie es in der That auch nur von einigen zu vermuthen      
  09 ist -: so würde dieses nur dem zufälligen Umstande zuzuschreiben sein:      
  10 daß die Mondsatmosphäre (deren Wirklichkeit durch die Herschelsche      
  11 Entdeckung, weil Feuer daselbst brennt, bewiesen ist) bei weitem nicht so      
  12 hoch reichen kann, als die unsrige (wie die unmerkliche Strahlenbrechung      
  13 am Rande dieses Trabanten es beweiset), mithin die Bergrücken des      
  14 Mondes über die Gränze der Vegetation hinausreichen; bei uns hingegen      
  15 die Bergrücken ihrem größten Theile nach mit Gewächsen bedeckt sind und      
  16 daher gegen die Fläche des eingeschlossenen Bassins freilich nicht sonderlich      
  17 abstechen können.      
           
  18 Wir haben also auf der Erde zweierlei kraterähnliche Bildungen der      
  19 Landesfläche: eine, die vulkanischen Ursprungs sind, und die 160 Ruthen      
  20 im Durchmesser, mithin etwa 20000 Quadratruthen in der Fläche befassen;      
  21 andere, die keinesweges vulkanischen Ursprungs sind und gegen 1000      
  22 Quadratmeilen, mithin wohl 200000mal mehr in ihrem Flächeninhalte      
  23 haben. Mit welcher wollen wir nun jene ringförmigen Erhöhungen auf      
  24 dem Monde (deren keine beobachtete weniger als eine deutsche Meile,      
  25 einige wohl dreißig im Durchmesser haben) vergleichen? - Ich denke:      
  26 nach der Analogie zu urtheilen, nur mit den letztern, welche nicht vulkanisch      
  27 sind. Denn die Gestalt macht es nicht allein aus; der ungeheure Unterschied      
  28 der Größe muß auch in Anschlag gebracht werden. Alsdann aber      
  29 hat Hrn. Herschels Beobachtung zwar die Idee von Vulkanen im Monde      
  30 bestätigt, aber nur von solchen, deren Krater weder von ihm noch von      
  31 jemand anders gesehen worden ist, noch gesehen werden kann; hingegen      
  32 hat sie nicht die Meinung bestätigt, daß die sichtbaren ringförmigen Configurationen      
  33 auf der Mondsfläche vulkanische Kraters wären. Denn das      
  34 sind sie (wenn man hier nach der Analogie mit ähnlichen großen Bassins      
  35 auf der Erde urtheilen soll) aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Man      
  36 müßte also nur sagen: da der Mond in Ansehung der kraterähnlichen      
  37 Bassins mit denen, die auf der Erde die Sammlungsbecken der Gewässer      
           
     

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