Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 270 |
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| 01 | Stranden aber, es sei der Menschen oder der ihnen zugehörigen | ||||||
| 02 | Sachen, kann als unvorsetzlich von dem Strandeigenthümer nicht | ||||||
| 03 | zum Erwerbrecht gezählt werden: weil es nicht Läsion (ja überhaupt | ||||||
| 04 | kein Factum) ist, und die Sache, die auf einen Boden gerathen ist, | ||||||
| 05 | der doch irgend einem angehört, nicht als res nullius behandelt | ||||||
| 06 | werden kann. Ein Fluß dagegen kann, so weit der Besitz seines | ||||||
| 07 | Ufers reicht, so gut wie ein jeder Landboden unter obbenannten Einschränkungen | ||||||
| 08 | ursprünglich von dem erworben werden, der im Besitz | ||||||
| 09 | beider Ufer ist. | ||||||
| 10 | Der äußere Gegenstand, welcher der Substanz nach das Seine | ||||||
| 11 | von jemanden ist, ist dessen Eigenthum ( dominium ), welchem alle | ||||||
| 12 | Rechte in dieser Sache (wie Accidenzen der Substanz) inhäriren, | ||||||
| 13 | über welche also der Eigenthümer ( dominus ) nach Belieben verfügen | ||||||
| 14 | kann ( ius disponendi de re sua ). Aber hieraus folgt von selbst: | ||||||
| 15 | daß ein solcher Gegenstand nur eine körperliche Sache (gegen die | ||||||
| 16 | man keine Verbindlichkeit hat) sein könne, daher ein Mensch sein | ||||||
| 17 | eigener Herr ( sui iuris ), aber nicht Eigenthümer von sich selbst | ||||||
| 18 | ( sui dominus ) (über sich nach Belieben disponiren zu können), geschweige | ||||||
| 19 | denn von anderen Menschen sein kann, weil er der Menschheit | ||||||
| 20 | in seiner eigenen Person verantwortlich ist; wiewohl dieser | ||||||
| 21 | Punkt, der zum Recht der Menschheit, nicht dem der Menschen gehört, | ||||||
| 22 | hier nicht seinen eigentlichen Platz hat, sondern nur beiläufig zum | ||||||
| 23 | besseren Verständniß des kurz vorher Gesagten angeführt wird. | ||||||
| 24 | Es kann ferner zwei volle Eigenthümer einer und derselben Sache | ||||||
| 25 | geben ohne ein gemeinsames Mein und Dein, sondern nur als gemeinsame | ||||||
| 26 | Besitzer dessen, was nur einem als das Seine zugehört, | ||||||
| 27 | wenn von den sogenannten Miteigenthümern ( condomini ) einem nur | ||||||
| 28 | der ganze Besitz ohne Gebrauch, dem Anderen aber aller Gebrauch | ||||||
| 29 | der Sache sammt dem Besitz zukommt, jener also ( dominus directus ) | ||||||
| 30 | diesen ( dominus utilis ) nur auf die Bedingung einer beharrlichen | ||||||
| 31 | Leistung restringirt, ohne dabei seinen Gebrauch zu limitiren. | ||||||
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