Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 053

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 überhaupt nennt, befaßte: so verfuhr ich in Ansehung der den Begriff der      
  02 Causalität betreffenden Zweifel des schottischen Philosophen auf folgende      
  03 Art. Daß Hume, wenn er (wie es doch auch fast überall geschieht) die      
  04 Gegenstände der Erfahrung für Dinge an sich selbst nahm, den Begriff      
  05 der Ursache für trüglich und falsches Blendwerk erklärte, daran that er      
  06 ganz recht; denn von Dingen an sich selbst und deren Bestimmungen als      
  07 solchen kann nicht eingesehen werden, wie darum, weil etwas A gesetzt wird,      
  08 etwas anderes B auch nothwendig gesetzt werden müsse, und also konnte      
  09 er eine solche Erkenntniß a priori von Dingen an sich selbst gar nicht einräumen.      
  10 Einen empirischen Ursprung dieses Begriffs konnte der scharfsinnige      
  11 Mann noch weniger verstatten, weil dieser geradezu der Nothwendigkeit      
  12 der Verknüpfung widerspricht, welche das Wesentliche des Begriffs      
  13 der Causalität ausmacht; mithin ward der Begriff in die Acht      
  14 erklärt, und in seine Stelle trat die Gewohnheit im Beobachten des Laufs      
  15 der Wahrnehmungen.      
           
  16 Aus meinen Untersuchungen aber ergab es sich, daß die Gegenstände,      
  17 mit denen wir es in der Erfahrung zu thun haben, keinesweges Dinge an      
  18 sich selbst, sondern blos Erscheinungen sind, und daß, obgleich bei Dingen      
  19 an sich selbst gar nicht abzusehen ist, ja unmöglich ist einzusehen, wie, wenn      
  20 A gesetzt wird, es widersprechend sein solle, B, welches von A ganz verschieden      
  21 ist, nicht zu setzen (die Nothwendigkeit der Verknüpfung zwischen      
  22 A als Ursache und B als Wirkung), es sich doch ganz wohl denken lasse,      
  23 daß sie als Erscheinungen in einer Erfahrung auf gewisse Weise (z. B.      
  24 in Ansehung der Zeitverhältnisse) nothwendig verbunden sein müssen und      
  25 nicht getrennt werden können, ohne derjenigen Verbindung zu widersprechen,      
  26 vermittelst deren diese Erfahrung möglich ist, in welcher sie      
  27 Gegenstände und uns allein erkennbar sind. Und so fand es sich auch in      
  28 der That: so daß ich den Begriff der Ursache nicht allein nach seiner objectiven      
  29 Realität in Ansehung der Gegenstände der Erfahrung beweisen,      
  30 sondern ihn auch als Begriff a priori wegen der Nothwendigkeit der Verknüpfung,      
  31 die er bei sich führt, deduciren, d. i. seine Möglichkeit aus      
  32 reinem Verstande ohne empirische Quellen darthun, und so, nach Wegschaffung      
  33 des Empirismus seines Ursprungs, die unvermeidliche Folge      
  34 desselben, nämlich den Scepticism, zuerst in Ansehung der Naturwissenschaft,      
  35 dann auch, wegen des ganz vollkommen aus denselben Gründen      
  36 Folgenden, in Ansehung der Mathematik, beider Wissenschaften, die auf      
  37 Gegenstände möglicher Erfahrung bezogen werden, und hiemit den totalen      
           
     

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