Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 052

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 aufhört, auch sein Recht lassen, welches denn den Scepticism      
  02 in Ansehung der von Wirkungen zu Ursachen aufsteigenden Schlüsse      
  03 fest gründet und unwiderleglich macht.      
           
  04 Die Mathematik war so lange noch gut weggekommen, weil Hume      
  05 dafür hielt, daß ihre Sätze alle analytisch wären, d. i. von einer Bestimmung      
  06 zur andern um der Identität willen, mithin nach dem Satze des Widerspruchs      
  07 fortschritten (welches aber falsch ist, indem sie vielmehr alle synthetisch      
  08 sind, und, obgleich z. B. die Geometrie es nicht mit der Existenz      
  09 der Dinge, sondern nur ihrer Bestimmung a priori in einer möglichen      
  10 Anschauung zu thun hat, dennoch eben so gut wie durch Causalbegriffe von      
  11 einer Bestimmung A zu einer ganz verschiedenen B, als dennoch mit jener      
  12 nothwendig verknüpft, übergeht). Aber endlich muß jene wegen ihrer apodiktischen      
  13 Gewißheit so hochgepriesene Wissenschaft doch dem Empirismus      
  14 in Grundsätzen aus demselben Grunde, warum Hume an der Stelle der      
  15 objectiven Nothwendigkeit in dem Begriffe der Ursache die Gewohnheit      
  16 setzte, auch unterliegen und sich unangesehen alles ihres Stolzes gefallen      
  17 lassen, ihre kühne, a priori Beistimmung gebietende Ansprüche herabzustimmen,      
  18 und den Beifall für die Allgemeingültigkeit ihrer Sätze von der      
  19 Gunst der Beobachter erwarten, die als Zeugen es doch nicht weigern      
  20 würden zu gestehen, daß sie das, was der Geometer als Grundsätze vorträgt,      
  21 jederzeit auch so wahrgenommen hätten, folglich, ob es gleich eben      
  22 nicht nothwendig wäre, doch fernerhin, es so erwarten zu dürfen, erlauben      
  23 würden. Auf diese Weise führt Humens Empirism in Grundsätzen auch      
  24 unvermeidlich auf den Scepticism selbst in Ansehung der Mathematik,      
  25 folglich in allem wissenschaftlichen theoretischen Gebrauche der Vernunft      
  26 (denn dieser gehört entweder zur Philosophie, oder zur Mathematik).      
  27 Ob der gemeine Vernunftgebrauch (bei einem so schrecklichen      
  28 Umsturz, als man den Häuptern der Erkenntniß begegnen sieht) besser      
  29 durchkommen, und nicht vielmehr noch unwiederbringlicher in eben diese      
  30 Zerstörung allen Wissens werde verwickelt werden, mithin ein allgemeiner      
  31 Scepticism nicht aus denselben Grundsätzen folgen müsse (der freilich      
  32 aber nur die Gelehrten treffen würde), das will ich jeden selbst beurtheilen      
  33 lassen.      
           
  34 Was nun meine Bearbeitung in der Kritik der reinen Vernunft betrifft,      
  35 die zwar durch jene Humische Zweifellehre veranlaßt ward, doch      
  36 viel weiter ging und das ganze Feld der reinen theoretischen Vernunft im      
  37 synthetischen Gebrauche, mithin auch desjenigen, was man Metaphysik      
           
     

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