Kant: AA IV, Grundlegung zur Metaphysik der ... , Seite 438

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 zugleich in sich enthält, im Grunde einerlei. Denn daß ich meine Maxime      
  02 im Gebrauche der Mittel zu jedem Zwecke auf die Bedingung ihrer Allgemeingültigkeit      
  03 als eines Gesetzes für jedes Subject einschränken soll,      
  04 sagt eben so viel, als: das Subject der Zwecke, d. i. das vernünftige Wesen      
  05 selbst, muß niemals bloß als Mittel, sondern als oberste einschränkende      
  06 Bedingung im Gebrauche aller Mittel, d. i. jederzeit zugleich als Zweck,      
  07 allen Maximen der Handlungen zum Grunde gelegt werden.      
           
  08 Nun folgt hieraus unstreitig: daß jedes vernünftige Wesen als Zweck      
  09 an sich selbst sich in Ansehung aller Gesetze, denen es nur immer unterworfen      
  10 sein mag, zugleich als allgemein gesetzgebend müsse ansehen können,      
  11 weil eben diese Schicklichkeit seiner Maximen zur allgemeinen Gesetzgebung      
  12 es als Zweck an sich selbst auszeichnet, imgleichen daß dieses seine Würde      
  13 (Prärogativ) vor allen bloßen Naturwesen es mit sich bringe, seine Maximen      
  14 jederzeit aus dem Gesichtspunkte seiner selbst, zugleich aber auch jedes      
  15 andern vernünftigen als gesetzgebenden Wesens (die darum auch Personen      
  16 heißen) nehmen zu müssen. Nun ist auf solche Weise eine Welt vernünftiger      
  17 Wesen ( mundus intelligibilis ) als ein Reich der Zwecke möglich und      
  18 zwar durch die eigene Gesetzgebung aller Personen als Glieder. Demnach      
  19 muß ein jedes vernünftige Wesen so handeln, als ob es durch seine Maximen      
  20 jederzeit ein gesetzgebendes Glied im allgemeinen Reiche der Zwecke      
  21 wäre. Das formale Princip dieser Maximen ist: handle so, als ob deine      
  22 Maxime zugleich zum allgemeinen Gesetze (aller vernünftigen Wesen) dienen      
  23 sollte. Ein Reich der Zwecke ist also nur möglich nach der Analogie      
  24 mit einem Reiche der Natur, jenes aber nur nach Maximen, d. i. sich selbst      
  25 auferlegten Regeln, diese nur nach Gesetzen äußerlich genöthigter wirkenden      
  26 Ursachen. Dem unerachtet giebt man doch auch dem Naturganzen,      
  27 ob es schon als Maschine angesehen wird, dennoch, so fern es auf vernünftige      
  28 Wesen als seine Zwecke Beziehung hat, aus diesem Grunde den      
  29 Namen eines Reichs der Natur. Ein solches Reich der Zwecke würde nun      
  30 durch Maximen, deren Regel der kategorische Imperativ allen vernünftigen      
  31 Wesen vorschreibt, wirklich zu Stande kommen, wenn sie allgemein      
  32 befolgt würden. Allein obgleich das vernünftige Wesen darauf      
  33 nicht rechnen kann, daß, wenn es auch gleich diese Maxime selbst pünktlich      
  34 befolgte, darum jedes andere eben derselben treu sein würde, imgleichen      
  35 daß das Reich der Natur und die zweckmäßige Anordnung desselben      
  36 mit ihm, als einem schicklichen Gliede, zu einem durch es selbst möglichen      
  37 Reiche der Zwecke zusammenstimmen, d. i. seine Erwartung der Glückseligkeit      
           
     

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