Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 244

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 des physischen Einflusses, der vorher bestimmten Harmonie und      
  02 der übernatürlichen Assistenz.      
           
  03 Die zwei letztere Erklärungsarten der Gemeinschaft der Seele mit      
  04 der Materie sind auf Einwürfe gegen die erstere , welche die Vorstellung      
  05 des gemeinen Verstandes ist, gegründet: daß nämlich dasjenige, was als      
  06 Materie erscheint, durch seinen unmittelbaren Einfluß nicht die Ursache      
  07 von Vorstellungen als einer ganz heterogenen Art von Wirkungen sein      
  08 könne. Sie können aber alsdann mit dem, was sie unter dem Gegenstande      
  09 äußerer Sinne verstehen, nicht den Begriff einer Materie verbinden, welche      
  10 nichts als Erscheinung, mithin schon an sich selbst bloße Vorstellung ist,      
  11 die durch irgend welche äußere Gegenstände gewirkt worden; denn sonst      
  12 würden sie sagen, daß die Vorstellungen äußerer Gegenstände (die Erscheinungen)      
  13 nicht äußere Ursachen der Vorstellungen in unserem Gemüthe      
  14 sein können, welches ein ganz sinnleerer Einwurf sein würde, weil es niemanden      
  15 einfallen wird, das, was er einmal als bloße Vorstellung anerkannt      
  16 hat, für eine äußere Ursache zu halten. Sie müssen also nach unseren      
  17 Grundsätzen ihre Theorie darauf richten, daß dasjenige, was der wahre      
  18 (transscendentale) Gegenstand unserer äußeren Sinne ist, nicht die Ursache      
  19 derjenigen Vorstellungen (Erscheinungen) sein könne, die wir unter      
  20 dem Namen Materie verstehen. Da nun niemand mit Grunde vorgeben      
  21 kann, etwas von der transscendentalen Ursache unserer Vorstellungen      
  22 äußerer Sinne zu kennen, so ist ihre Behauptung ganz grundlos. Wollten      
  23 aber die vermeinte Verbesserer der Lehre vom physischen Einflusse nach      
  24 der gemeinen Vorstellungsart eines transscendentalen Dualism die Materie      
  25 als solche für ein Ding an sich selbst (und nicht als bloße Erscheinung      
  26 eines unbekannten Dinges) ansehen und ihren Einwurf dahin richten, zu      
  27 zeigen, daß ein solcher äußerer Gegenstand, welcher keine andere Causalität      
  28 als die der Bewegungen an sich zeigt, nimmermehr die wirkende Ursache      
  29 von Vorstellungen sein könne, sondern daß sich ein drittes Wesen deshalb      
  30 ins Mittel schlagen müsse, um, wo nicht Wechselwirkung, doch wenigstens      
  31 Correspondenz und Harmonie zwischen beiden zu stiften; so würden sie      
  32 ihre Widerlegung davon anfangen, das πρωτον ψεyδοσ des physischen Einflusses      
  33 in ihrem Dualismus anzunehmen, und also durch ihren Einwurf      
  34 nicht sowohl den natürlichen Einfluß, sondern ihre eigene dualistische Voraussetzung      
  35 widerlegen. Denn alle Schwierigkeiten, welche die Verbindung      
  36 der denkenden Natur mit der Materie treffen, entspringen ohne Ausnahme      
  37 lediglich aus jener erschlichenen dualistischen Vorstellung: daß Materie      
           
     

[ Seite 243 ] [ Seite 245 ] [ Inhaltsverzeichnis ]