| Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 142 | |||||||
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| 01 | dem A, weil nur unter dieser Bedingung gedachte Substanzen als zugleich | ||||||
| 02 | existirend empirisch vorgestellt werden können. Nun bestimmt | ||||||
| 03 | nur dasjenige dem andern seine Stelle in der Zeit, was die Ursache von | ||||||
| 04 | ihm oder seinen Bestimmungen ist. Also muß jede Substanz (da sie nur | ||||||
| 05 | in Ansehung ihrer Bestimmungen Folge sein kann) die Causalität gewisser | ||||||
| 06 | Bestimmungen in der andern und zugleich die Wirkungen von der Causalität | ||||||
| 07 | der andern in sich enthalten, d. i. sie müssen in dynamischer Gemeinschaft | ||||||
| 08 | (unmittelbar oder mittelbar) stehen, wenn das Zugleichsein in | ||||||
| 09 | irgend einer möglichen Erfahrung erkannt werden soll. Nun ist aber alles | ||||||
| 10 | dasjenige in Ansehung der Gegenstände der Erfahrung nothwendig, ohne | ||||||
| 11 | welches die Erfahrung von diesen Gegenständen selbst unmöglich sein | ||||||
| 12 | würde. Also ist es allen Substanzen in der Erscheinung, sofern sie zugleich | ||||||
| 13 | sind, nothwendig in durchgängiger Gemeinschaft der Wechselwirkung unter | ||||||
| 14 | einander zu stehen. | ||||||
| 15 | Das Wort Gemeinschaft ist in unserer Sprache zweideutig und kann | ||||||
| 16 | so viel als communio , aber auch als commercium bedeuten. Wir bedienen | ||||||
| 17 | uns hier desselben im letztern Sinn, als einer dynamischen Gemeinschaft, | ||||||
| 18 | ohne welche selbst die locale ( communio spatii ) niemals empirisch | ||||||
| 19 | erkannt werden könnte. Unseren Erfahrungen ist es leicht anzumerken, | ||||||
| 20 | daß nur die continuirlichen Einflüsse in allen Stellen des Raumes unsern | ||||||
| 21 | Sinn von einem Gegenstande zum andern leiten können, daß das Licht, | ||||||
| 22 | welches zwischen unserm Auge und den Weltkörpern spielt, eine mittelbare | ||||||
| 23 | Gemeinschaft zwischen uns und diesen bewirken und dadurch das Zugleichsein | ||||||
| 24 | der letzteren beweisen, daß wir keinen Ort empirisch verändern (diese | ||||||
| 25 | Veränderung wahrnehmen) können, ohne daß uns allerwärts Materie die | ||||||
| 26 | Wahrnehmung unserer Stelle möglich mache, und diese nur vermittelst | ||||||
| 27 | ihres wechselseitigen Einflusses ihr Zugleichsein und dadurch bis zu den | ||||||
| 28 | entlegensten Gegenständen die Coexistenz derselben (obzwar nur mittelbar) | ||||||
| 29 | darthun kann. Ohne Gemeinschaft ist jede Wahrnehmung (der Erscheinung | ||||||
| 30 | im Raume) von der andern abgebrochen, und die Kette empirischer | ||||||
| 31 | Vorstellungen, d. i. Erfahrung, würde bei einem neuen Object ganz von | ||||||
| 32 | vorne anfangen, ohne daß die vorige damit im geringsten zusammenhängen | ||||||
| 33 | oder im Zeitverhältnisse stehen könnte. Den leeren Raum will ich hiedurch | ||||||
| 34 | gar nicht widerlegen: denn der mag immer sein, wohin Wahrnehmungen | ||||||
| 35 | gar nicht reichen, und also keine empirische Erkenntniß des Zugleichseins | ||||||
| 36 | statt findet; er ist aber alsdann für alle unsere mögliche Erfahrung gar | ||||||
| 37 | kein Object. | ||||||
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