Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 088  | 
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| 01 | Diese synthetische Einheit setzt aber eine Synthesis voraus oder | ||||||
| 02 | schließt sie ein; und soll jene a priori nothwendig sein, so muß letztere auch | ||||||
| 03 | eine Synthesis a priori sein. Also bezieht sich die transscendentale Einheit | ||||||
| 04 | der Apperception auf die reine Synthesis der Einbildungskraft als | ||||||
| 05 | eine Bedingung a priori der Möglichkeit aller Zusammensetzung des | ||||||
| 06 | Mannigfaltigen in einer Erkenntniß. Es kann aber nur die productive | ||||||
| 07 | Synthesis der Einbildungskraft a priori statt finden; denn die reproductive | ||||||
| 08 | beruht auf Bedingungen der Erfahrung. Also ist das Principium | ||||||
| 09 | der nothwendigen Einheit der reinen (productiven) Synthesis | ||||||
| 10 | der Einbildungskraft vor der Apperception der Grund der Möglichkeit | ||||||
| 11 | aller Erkenntniß, besonders der Erfahrung. | ||||||
| 12 | Nun nennen wir die Synthesis des Mannigfaltigen in der Einbildungskraft | ||||||
| 13 | transscendental, wenn ohne Unterschied der Anschauungen sie | ||||||
| 14 | auf nichts, als blos auf die Verbindung des Mannigfaltigen a priori geht, | ||||||
| 15 | und die Einheit dieser Synthesis heißt transscendental, wenn sie in Beziehung | ||||||
| 16 | auf die ursprüngliche Einheit der Apperception als a priori nothwendig | ||||||
| 17 | vorgestellt wird. Da diese letztere nun der Möglichkeit aller Erkenntnisse | ||||||
| 18 | zum Grunde liegt, so ist die transscendentale Einheit der Synthesis | ||||||
| 19 | der Einbildungskraft die reine Form aller möglichen Erkenntniß, | ||||||
| 20 | durch welche mithin alle Gegenstände möglicher Erfahrung a priori vorgestellt | ||||||
| 21 | werden müssen. | ||||||
| 22 | Die Einheit der Apperception in Beziehung auf die Synthesis | ||||||
| 23 | der Einbildungskraft ist der Verstand und eben dieselbe | ||||||
| 24 | Einheit beziehungsweise auf die transscendentale Synthesis der | ||||||
| 25 | Einbildungskraft der reine Verstand. Also sind im Verstande reine | ||||||
| 26 | Erkenntnisse a priori, welche die nothwendige Einheit der reinen Synthesis | ||||||
| 27 | der Einbildungskraft in Ansehung aller möglichen Erscheinungen enthalten. | ||||||
| 28 | Dieses sind aber die Kategorien, d. i. reine Verstandesbegriffe; folglich | ||||||
| 29 | enthält die empirische Erkenntnißkraft des Menschen nothwendig einen | ||||||
| 30 | Verstand, der sich auf alle Gegenstände der Sinne, obgleich nur vermittelst | ||||||
| 31 | der Anschauung und der Synthesis derselben durch Einbildungskraft bezieht, | ||||||
| 32 | unter welchen also alle Erscheinungen als Data zu einer möglichen | ||||||
| 33 | Erfahrung stehen. Da nun diese Beziehung der Erscheinungen auf mögliche | ||||||
| 34 | Erfahrung ebenfalls nothwendig ist (weil wir ohne diese gar keine | ||||||
| 35 | Erkenntniß durch sie bekommen würden, und sie uns mithin gar nichts angingen), | ||||||
| 36 | so folgt, daß der reine Verstand vermittelst der Kategorien ein | ||||||
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