Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 037 |
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| 01 | ist synthetisch und kann aus Begriffen allein nicht entspringen. Er ist also | ||||||
| 02 | in der Anschauung und Vorstellung der Zeit unmittelbar enthalten. | ||||||
| 03 | 5) Die Unendlichkeit der Zeit bedeutet nichts weiter, als daß alle | ||||||
| 04 | bestimmte Größe der Zeit nur durch Einschränkungen einer einigen zum | ||||||
| 05 | Grunde liegenden Zeit möglich sei. Daher muß die ursprüngliche Vorstellung | ||||||
| 06 | Zeit als uneingeschränkt gegeben sein. Wovon aber die Theile | ||||||
| 07 | selbst und jede Größe eines Gegenstandes nur durch Einschränkung bestimmt | ||||||
| 08 | vorgestellt werden können, da muß die ganze Vorstellung nicht | ||||||
| 09 | durch Begriffe gegeben sein (denn da gehen die Theilvorstellungen vorher), | ||||||
| 10 | sondern es muß ihre unmittelbare Anschauung zum Grunde liegen. | ||||||
| 11 | Schlüsse aus diesen Begriffen. |
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| 12 | a) Die Zeit ist nicht etwas, was für sich selbst bestände, oder den | ||||||
| 13 | Dingen als objective Bestimmung anhinge, mithin übrig bliebe, wenn | ||||||
| 14 | man von allen subjectiven Bedingungen der Anschauung derselben abstrahirt: | ||||||
| 15 | denn im ersten Fall würde sie etwas sein, was ohne wirklichen | ||||||
| 16 | Gegenstand dennoch wirklich wäre. Was aber das zweite betrifft, so könnte | ||||||
| 17 | sie als eine den Dingen selbst anhängende Bestimmung oder Ordnung | ||||||
| 18 | nicht vor den Gegenständen als ihre Bedingung vorhergehen und a priori | ||||||
| 19 | durch synthetische Sätze erkannt und angeschaut werden. Dieses letztere | ||||||
| 20 | findet dagegen sehr wohl statt, wenn die Zeit nichts als die subjective Bedingung | ||||||
| 21 | ist, unter der alle Anschauungen in uns statt finden können. | ||||||
| 22 | Denn da kann diese Form der innern Anschauung vor den Gegenständen, | ||||||
| 23 | mithin a priori vorgestellt werden. | ||||||
| 24 | b) Die Zeit ist nichts anders, als die Form des innern Sinnes, d. i. | ||||||
| 25 | des Anschauens unserer selbst und unsers innern Zustandes. Denn die | ||||||
| 26 | Zeit kann keine Bestimmung äußerer Erscheinungen sein: sie gehört weder | ||||||
| 27 | zu einer Gestalt oder Lage etc.; dagegen bestimmt sie das Verhältniß der | ||||||
| 28 | Vorstellungen in unserm innern Zustande. Und eben weil diese innre | ||||||
| 29 | Anschauung keine Gestalt giebt, suchen wir auch diesen Mangel durch | ||||||
| 30 | Analogien zu ersetzen und stellen die Zeitfolge durch eine ins unendliche | ||||||
| 31 | fortgehende Linie vor, in welcher das Mannigfaltige eine Reihe ausmacht, | ||||||
| 32 | die nur von einer Dimension ist, und schließen aus den Eigenschaften | ||||||
| 33 | dieser Linie auf alle Eigenschaften der Zeit außer dem einigen, | ||||||
| 34 | daß die Theile der erstern zugleich, die der letztern aber jederzeit nach | ||||||
| 35 | einander sind. Hieraus erhellt auch, daß die Vorstellung der Zeit selbst | ||||||
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