Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 448  | 
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| 01 | im Dasein verlieren alle Bedeutung und sind leere Titel zu Begriffen | ||||||
| 02 | ohne allen Inhalt, wenn ich mich außer dem Felde der Sinne damit hinauswage. | ||||||
| 03 | Ich denke mir nur die Relation eines mir an sich ganz unbekannten | ||||||
| 04 | Wesens zur größten systematischen Einheit des Weltganzen, lediglich | ||||||
| 05 | um es zum Schema des regulativen Princips des größtmöglichen empirischen | ||||||
| 06 | Gebrauchs meiner Vernunft zu machen. | ||||||
| 07 | Werfen wir unseren Blick nun auf den transscendentalen Gegenstand | ||||||
| 08 | unserer Idee, so sehen wir, daß wir seine Wirklichkeit nach den Begriffen | ||||||
| 09 | von Realität, Substanz, Causalität etc. an sich selbst nicht voraussetzen | ||||||
| 10 | können, weil diese Begriffe auf etwas, das von der Sinnenwelt ganz | ||||||
| 11 | unterschieden ist, nicht die mindeste Anwendung haben. Also ist die | ||||||
| 12 | Supposition der Vernunft von einem höchsten Wesen als oberster Ursache | ||||||
| 13 | bloß relativ, zu Behuf der systematischen Einheit der Sinnenwelt gedacht | ||||||
| 14 | und ein bloßes Etwas in der Idee, wovon wir, was es an sich sei, keinen | ||||||
| 15 | Begriff haben. Hierdurch erklärt sich auch, woher wir zwar in Beziehung | ||||||
| 16 | auf das, was existirend den Sinnen gegeben ist, der Idee eines an sich | ||||||
| 17 | nothwendigen Urwesens bedürfen, niemals aber von diesem und seiner | ||||||
| 18 | absoluten Nothwendigkeit den mindesten Begriff haben können. | ||||||
| 19 | Nunmehr können wir das Resultat der ganzen transscendentalen | ||||||
| 20 | Dialektik deutlich vor Augen stellen und die Endabsicht der Ideen der reinen | ||||||
| 21 | Vernunft, die nur durch Mißverstand und Unbehutsamkeit dialektisch | ||||||
| 22 | werden, genau bestimmen. Die reine Vernunft ist in der That mit nichts | ||||||
| 23 | als sich selbst beschäftigt und kann auch kein anderes Geschäfte haben, | ||||||
| 24 | weil ihr nicht die Gegenstände zur Einheit des Erfahrungsbegriffs, sondern | ||||||
| 25 | die Verstandeserkenntnisse zur Einheit des Vernunftbegriffs, d. i. | ||||||
| 26 | des Zusammenhanges in einem Princip, gegeben werden. Die Vernunfteinheit | ||||||
| 27 | ist die Einheit des Systems, und diese systematische Einheit dient | ||||||
| 28 | der Vernunft nicht objectiv zu einem Grundsatze, um sie über die Gegenstände, | ||||||
| 29 | sondern subjectiv als Maxime, um sie über alles mögliche empirische | ||||||
| 30 | Erkenntniß der Gegenstände zu verbreiten. Gleichwohl befördert | ||||||
| 31 | der systematische Zusammenhang, den die Vernunft dem empirischen Verstandesgebrauche | ||||||
| 32 | geben kann, nicht allein dessen Ausbreitung, sondern | ||||||
| 33 | bewährt auch zugleich die Richtigkeit desselben; und das Principium einer | ||||||
| 34 | solchen systematischen Einheit ist auch objectiv, aber auf unbestimmte Art | ||||||
| 35 | ( Principium vagum ): nicht als constitutives Princip, um etwas in Ansehung | ||||||
| 36 | seines directen Gegenstandes zu bestimmen, sondern um als bloß | ||||||
| 37 | regulativer Grundsatz und Maxime den empirischen Gebrauch der Vernunft | ||||||
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