| Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 231 | |||||||
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| 01 | tauglich ist) auch nicht als Gegenstände für unsern Verstand behauptet | ||||||
| 02 | werden können. | ||||||
| 03 | Der Verstand begrenzt demnach die Sinnlichkeit, ohne darum sein | ||||||
| 04 | eigenes Feld zu erweitern, und indem er jene warnt, daß sie sich nicht anmaße, | ||||||
| 05 | auf Dinge an sich selbst zu gehen, sondern lediglich auf Erscheinungen, | ||||||
| 06 | so denkt er sich einen Gegenstand an sich selbst, aber nur als | ||||||
| 07 | transscendentales Object, das die Ursache der Erscheinung (mithin selbst | ||||||
| 08 | nicht Erscheinung) ist und weder als Größe, noch als Realität, noch als | ||||||
| 09 | Substanz etc. gedacht werden kann (weil diese Begriffe immer sinnliche | ||||||
| 10 | Formen erfordern, in denen sie einen Gegenstand bestimmen); wovon also | ||||||
| 11 | völlig unbekannt ist, ob es in uns oder auch außer uns anzutreffen sei, ob | ||||||
| 12 | es mit der Sinnlichkeit zugleich aufgehoben werden oder, wenn wir jene | ||||||
| 13 | wegnehmen, noch übrig bleiben würde. Wollen wir dieses Object Noumenon | ||||||
| 14 | nennen, darum weil die Vorstellung von ihm nicht sinnlich ist, so | ||||||
| 15 | steht dieses uns frei. Da wir aber keine von unseren Verstandesbegriffen | ||||||
| 16 | darauf anwenden können, so bleibt diese Vorstellung doch für uns leer und | ||||||
| 17 | dient zu nichts, als die Grenzen unserer sinnlichen Erkenntniß zu bezeichnen | ||||||
| 18 | und einen Raum übrig zu lassen, den wir weder durch mögliche Erfahrung, | ||||||
| 19 | noch durch den reinen Verstand ausfüllen können. | ||||||
| 20 | Die Kritik dieses reinen Verstandes erlaubt es also nicht, sich ein | ||||||
| 21 | neues Feld von Gegenständen außer denen, die ihm als Erscheinungen | ||||||
| 22 | vorkommen können, zu schaffen und in intelligibele Welten, sogar nicht | ||||||
| 23 | einmal in ihren Begriff auszuschweifen. Der Fehler, welcher hiezu auf | ||||||
| 24 | die allerscheinbarste Art verleitet und allerdings entschuldigt, obgleich nicht | ||||||
| 25 | gerechtfertigt werden kann, liegt darin: daß der Gebrauch des Verstandes | ||||||
| 26 | wider seine Bestimmung transscendental gemacht, und die Gegenstände, | ||||||
| 27 | d. i. mögliche Anschauungen, sich nach Begriffen, nicht aber Begriffe sich | ||||||
| 28 | nach möglichen Anschauungen (als auf denen allein ihre objective Gültigkeit | ||||||
| 29 | beruht) richten müssen. Die Ursache hievon aber ist wiederum: daß | ||||||
| 30 | die Apperception und mit ihr das Denken vor aller möglichen bestimmten | ||||||
| 31 | Anordnung der Vorstellungen vorhergeht. Wir denken also Etwas überhaupt | ||||||
| 32 | und bestimmen es einerseits sinnlich, allein unterscheiden doch den | ||||||
| 33 | allgemeinen und in abstracto vorgestellten Gegenstand von dieser Art ihn | ||||||
| 34 | anzuschauen; da bleibt uns nun eine Art, ihn bloß durch Denken zu bestimmen, | ||||||
| 35 | übrig, welche zwar eine bloße logische Form ohne Inhalt ist, uns | ||||||
| 36 | aber dennoch eine Art zu sein scheint, wie das Object an sich existire | ||||||
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