Kant: AA II, Der einzig mögliche ... , Seite 157

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 möglichen Dinge aus zu machen, nimmermehr auf das Dasein dieses      
  02 Dinges und folglich auch nicht auf das Dasein Gottes könne geschlossen      
  03 werden.      
           
  04 Dagegen ist der Schluß von den Möglichkeiten der Dinge als Folgen      
  05 auf das Dasein Gottes als einen Grund von ganz andrer Art. Hier wird      
  06 untersucht, ob nicht dazu, daß etwas möglich sei, irgend etwas Existirendes      
  07 vorausgesetzt sein müsse, und ob dasjenige Dasein, ohne welches selbst      
  08 keine innere Möglichkeit statt findet, nicht solche Eigenschaften enthalte,      
  09 als wir zusammen in dem Begriffe der Gottheit verbinden. In diesem      
  10 Falle ist zuvorderst klar, daß ich nicht aus der bedingten Möglichkeit auf      
  11 ein Dasein schließen könne, wenn ich nicht die Existenz dessen, was nur      
  12 unter gewissen Bedingungen möglich ist, voraussetze, denn die bedingte      
  13 Möglichkeit giebt lediglich zu verstehen, daß etwas nur in gewissen Verknüpfungen      
  14 existiren könne, und das Dasein der Ursache wird nur in so      
  15 fern dargethan, als die Folge existirt, hier aber soll sie nicht aus dem Dasein      
  16 derselben geschlossen werden, daher ein solcher Beweis nur aus der      
  17 innern Möglichkeit geführt werden kann, wofern er gar statt findet. Ferner      
  18 wird man gewahr, daß er aus der absoluten Möglichkeit aller Dinge      
  19 überhaupt entspringen müsse. Denn es ist nur die innere Möglichkeit      
  20 selbst, von der erkannt werden soll, daß sie irgend ein Dasein voraus setze,      
  21 und nicht die besondere Prädicate, dadurch sich ein Mögliches von dem      
  22 andern unterscheidet; denn der Unterschied der Prädicate findet auch beim      
  23 blos Möglichen statt und bezeichnet niemals etwas Existirendes. Demnach      
  24 würde auf die erwähnte Art aus der innern Möglichkeit alles Denklichen      
  25 ein göttliches Dasein müssen gefolgert werden. Daß dieses geschehen      
  26 könne, ist in der ganzen ersten Abtheilung dieses Werks gewiesen worden.      
           
  27
3.
     
  28
Prüfung der Beweisgründe der zweiten Art.
     
           
  29 Der Beweis, da man aus den Erfahrungsbegriffen von dem, was      
  30 da ist, auf die Existenz einer ersten und unabhängigen Ursache nach den      
  31 Regeln der Causalschlüsse, aus dieser aber durch logische Zergliederung      
  32 des Begriffes auf die Eigenschaften derselben, welche eine Gottheit bezeichnen,      
  33 kommen will, ist berühmt und vornehmlich durch die Schule der      
  34 Wolffischen Philosophen sehr in Ansehen gebracht worden, allein er ist      
  35 gleichwohl ganz unmöglich. Ich räume ein, daß bis zu dem Satze: wenn      
           
     

[ Seite 156 ] [ Seite 158 ] [ Inhaltsverzeichnis ]