Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zu Zum Ewigen ... , Seite 169 |
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| 01 | und nicht gänzlich leer seyn soll so kan er nicht anders gedacht werden | ||||||
| 02 | als ein foedus pacificum oder pacis welches vom Friedensvertrag | ||||||
| 03 | (pactum pacis) der nur die Beylegung eines einzigen Krieges bedeutet | ||||||
| 04 | dadurch daß er alle abzuhalten in Gesellschaft tritt unterschieden ist. | ||||||
| 05 | Die Ordnung der Natur will daß vor dem Recht die Gewalt und der | ||||||
| 06 | Zwang vorhergehe denn ohne diesen würden Menschen selbst nicht | ||||||
| 07 | einmal dahin gebracht werden können sich zum Gesetzgeben zu vereinigen. | ||||||
| 08 | - Aber die Ordnung der Vernunft will daß nachher das Gesetz | ||||||
| 09 | die Freyheit regulire und in Formen bringe. | ||||||
| 10 | Allein bey dem Begriffe eines Völkerrechts als eines Rechts zum | ||||||
| 11 | Kriege läßt sich eigentlich gar nichts denken (weil es ein Recht seyn soll | ||||||
| 12 | nicht nach allgemeingültigen äußeren Gesetzen der Freyheit sondern nach | ||||||
| 13 | einseitigen Maximen der Gewalt was Rechtens ist zu bestimmen es | ||||||
| 14 | müßte denn so verstanden werden daß Menschen die so gesinnet sind ganz | ||||||
| 15 | recht geschieht wenn sie sich unter einander aufreiben und den ewigen | ||||||
| 16 | Frieden in dem weiten Grabe finden das alle Gräuel der Gewaltthätigkeit | ||||||
| 17 | sammt ihren Urhebern zugleich verschlingt. - Für Staaten im Verhältnisse | ||||||
| 18 | gegen einander giebt es nach der Vernunft keine andere Art | ||||||
| 19 | aus dem gesetzlosen Zustande der lauter Krieg enthält heraus zu kommen | ||||||
| 20 | als daß sie ebenso wie einzelne Menschen ihre wilde (gesetzlose) Freyheit | ||||||
| 21 | aufgeben und sich gleichfalls öffentlichen Zwangsgesetzen unterwerfen | ||||||
| 22 | und so einen freylich immer wachsenden Völkerstaat (civitas gentium) | ||||||
| 23 | der zuletzt alle Völker der Erde befassen würde bilden. Da sie aber von | ||||||
| 24 | dieser Idee nicht blos durch die Schwierigkeit der Ausführung sondern | ||||||
| 25 | durch die ihr entgegengesetzte feindseelige Idee eines vermeynten Völkerrechts | ||||||
| 26 | als eines Rechts ohne öffentliche gesetzliche Verfassung zu seyn und | ||||||
| 27 | eigenmächtig über das was unter ihnen recht sein soll zu entscheiden abgehalten | ||||||
| 28 | werden so kann freylich (was in thesi ganz richtig war in hypothesi | ||||||
| 29 | aber unausführbar ist) statt der positiven Idee einer Weltrepublik nur | ||||||
| 30 | das negative Surrogat eines blos den Krieg um sich abwehrenden Bundes | ||||||
| 31 | der bösartigen immer mit Ausbruch drohenden Neigung zu demselben | ||||||
| 32 | ein Gegengewicht setzen (furor impius intus - fremit horridus ore | ||||||
| 33 | cruento. Virgil.) was doch sich zu einer reinen Republik bilden kann die | ||||||
| 34 | ihrer Natur nach zum ewigen Frieden geneigt ist so kann dieses einen | ||||||
| 35 | Mittelpunkt abgeben für andere Staaten selbst die welche jene Form noch | ||||||
| 36 | nicht völlig angenommen haben um sich der Friedensabsicht anzuschließen. | ||||||
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