Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 316 |
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| 01 | Grundsatz des Verhältnisses aller Veränderung zu derselben. Aber zum | ||||||
| 02 | Behuf der Erkenntniß solcher Erfahrungsgegenstände ist nie eine Metaphysik | ||||||
| 03 | unternommen worden, worin jene Prinzipien mühsam auseinandergesetzt, | ||||||
| 04 | und dennoch oft so unglücklich aus Gründen a priori bewiesen | ||||||
| 05 | werden, daß, wenn das unvermeidliche Verfahren des Verstandes nach | ||||||
| 06 | derselben, so oft wir Erfahrung anstellen, und die continuirliche Bestätigung | ||||||
| 07 | durch diese letztere nicht das Beste thäte, es mit der Uberzeugung | ||||||
| 08 | von diesem Prinzip durch Vernunftbeweise nur schlecht würde ausgesehen | ||||||
| 09 | haben. Man hat sich dieser Prinzipien in der Physik (wenn man darunter, | ||||||
| 10 | in ihrer allgemeinsten Bedeutung genommen, die Wissenschaft der Vernunfterkenntniß | ||||||
| 11 | aller Gegenstände möglicher Erfahrung versteht) jederzeit | ||||||
| 12 | so bedient, als ob sie in ihren (der Physik) Umfang mit gehöreten, ohne sie | ||||||
| 13 | darum, weil sie Prinzipien a priori sind, abzusondern und eine besondere | ||||||
| 14 | Wissenschaft für sie zu errichten, weil doch der Zweck, den man mit ihnen | ||||||
| 15 | hatte, nur auf Erfahrungsgegenstände ging, in Beziehung auf welche | ||||||
| 16 | sie uns auch allein verständlich gemacht werden könnten, dieses aber nicht | ||||||
| 17 | der eigentliche Zweck der Metaphysik war. Es wäre also in Absicht auf | ||||||
| 18 | diesen Gebrauch der Vernunft niemals auf eine Metaphysik, als abgesonderte | ||||||
| 19 | Wissenschaft, gesonnen worden, wenn die Vernunft hiezu nicht | ||||||
| 20 | ein höheres Interesse bey sich gefunden hätte, wozu die Aufsuchung und | ||||||
| 21 | systematische Verbindung aller Elementarbegriffe und Grundsätze, die | ||||||
| 22 | a priori unserm Erkenntniß der Gegenstände der Erfahrung zum Grunde | ||||||
| 23 | liegen, nur die Zurüstung war. | ||||||
| 24 | Der alte Name dieser Wissenschfat meta ta physika giebt schon eine | ||||||
| 25 | Anzeige auf die Gattung von Erkenntniß, worauf die Absicht mit derselben | ||||||
| 26 | gerichtet war. Man will vermittelst ihrer über alle Gegenstände | ||||||
| 27 | möglicher Erfahrung (trans physicam) hinausgehen, um, wo möglich, das | ||||||
| 28 | zu erkennen, was schlechterdings kein Gegenstand derselben seyn kann, | ||||||
| 29 | und die Definition der Metaphysik, nach der Absicht, die den Grund der | ||||||
| 30 | Bewerbung um eine dergleichen Wissenschaft enthält, würde also seyn: | ||||||
| 31 | Sie ist eine Wissenschaft, vom Erkenntnisse des Sinnlichen zu dem des | ||||||
| 32 | Übersinnlichen fortzuschreiten (hier nämlich verstehe ich durch das Sinnliche | ||||||
| 33 | nichts weiter, als das, was Gegenstand der Erfahrung seyn kann. Daß | ||||||
| 34 | alles Sinnliche blos Erscheinung und nicht das Object der Vorstellung an | ||||||
| 35 | sich selbst sey, wird nachher bewiesen werden). Weil dieses nun nicht durch | ||||||
| 36 | empirische Erkenntnißgründe geschehen kann, so wird die Metaphysik | ||||||
| 37 | Prinzipien a priori anthalten und, obgleich die Mathematik deren auch | ||||||
| 38 | hat, gleichwohl aber immer nur solche, welche auf Gegenstände möglicher | ||||||
| 39 | sinnlichen Anschauung gehen, mit der man aber zum Übersinnlichen | ||||||
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