Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 514 |
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| 01 | alles in Ordnung hält, und sich unternimmt, mit kühner Hand selbst alles | ||||||
| 02 | zu regiren. Und wenn er Engelweisheit besäße, so ist er vor all das Unglück, | ||||||
| 03 | was den Staat durch innere Treulosigkeit seiner Diener und durch | ||||||
| 04 | Unfähigkeit seines Nachfolgers trift, Verandtwortung schuldig. | ||||||
7779. ρ? ο?? J 95. |
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| 06 | Ob Ehrlichkeit (Gerechtigkeit und Treue) nicht die beste politic des | ||||||
| 07 | Staats und der Regirung sey (externe et interne), eben so wie in den | ||||||
| 08 | Verhältnissen der Bürger. Es ist der kurze weg der Staatsklugheit. | ||||||
| 09 | Einige haben die Staatsverfassung verglichen mit einer Herde und | ||||||
| 10 | dem Hirten. Der Fürst hält sein Volk wie das liebe Vieh, er schiert ihm | ||||||
| 11 | die Wolle knapp ab, läßt sie nicht nach ihrem sondern seinem Sinn weiden | ||||||
| 12 | und davor, daß er sie durch seine Hunde wieder den Wolf bewacht, speiset | ||||||
| 13 | er sie auf; Andre mit einer familie und dem Hausvater. Der Oberherr | ||||||
| 14 | tractirt die Unterthanen wie rotzige Iungen, läßt ihnen keinen Verstand | ||||||
| 15 | als zum Gehorchen und ist der allgemeine Eigenthümer: iesuiten in paraguay. | ||||||
| 16 | Noch andre mit einem thier, was durch einen lebenden Geist regirt | ||||||
| 17 | wird, der vor alle Glieder sorgt; aber diese Vergleichung ist zu metaphysisch, | ||||||
| 18 | und es ist auch eine dergleichen innigliche Vereinigung der wechselseitigen | ||||||
| 19 | abhängigkeit unter Menschen nicht möglich, überdem empfinden die Glieder | ||||||
| 20 | gar nicht sondern nur der Geist, und es ist also kein getheiltes und wiederstreitendes | ||||||
| 21 | interesse. Keiner hat sie verglichen mit der Verbindung der | ||||||
| 22 | Nachbarn und ihren ältesten. Wir können die jetzige mit einem Bienenstock | ||||||
| 23 | vergleichen, welchen jemand nur darum gegen Witterung und Raubbienen | ||||||
| 24 | schützt, damit er ihm etwas von dem Honig nehme, den sie vor sich | ||||||
| 25 | gesammelt haben. Sie nehmen ietzt nicht mehr den Überflus sondern die | ||||||
| 26 | nothdurft. Der Stok schwärmt nicht mehr, die Bienen verzehren ihren | ||||||
| 27 | rest und sterben in Faulheit. | ||||||
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